Wie sich die FIFA gegen EA selbst vom Platz gestellt hat

Fussballgame? FIFA!

Der wahrscheinlich kommerziellste Verein der Welt, die FIFA mit Sitz in Zürich, ist quasi ein Synonym für Fussball, sei es in der Realität oder als Videospiel. Seit der Veröffentlichung des 1993er «FIFA International Soccer», damals noch exklusiv für den Sega Mega Drive, erscheint ein jährlich neu aufgelegtes Kicker-Spiel aus dem Hause Electronic Arts. Mit Titeln wie FIFA Street und Sonderausgaben für einzelne Weltmeisterschaften wusste EA zudem in weitere Fussballbereiche vorzudringen. Mittlerweile gibt es solch spezielle Editionen nicht mehr, respektive sind sie in ähnlicher Form ins Hauptspiel integriert worden.

Aus der nerdigen Nische dieser Sport-Videospiele wurde mit der Zeit eine wahre Goldgrube. Optisch sowie technisch machten die FIFA-Spiele – wie Games allgemein – enorme Fortschritte über den Lauf der Dekaden. Wo früher der immergleich getimte Spielzug ein sicheres Tor garantierte, musst du dir heute schon ein bisschen mehr Mühe geben, um das virtuelle Leder im Netz zappeln zu lassen. Logischerweise treibt EA (Electronic Arts) das Game nicht aus Liebe zur Sache voran: Ein besseres Spiel bedeutet mehr Spieler:innen und somit einen höheren Umsatz. Und wenn dann noch etwas Ultimate Team-Glücksspiel (mutmasslich) reingewürzt wird, umso besser. Zum Wohle der habenden Shareholder natürlich, nicht für die jungen Menschen, die das Spiel spielen.

Mehr, mehr und immer mehr!

Diese Maschine lief gut geölt über fast drei Jahrzehnte hinweg. Doch wenn Menschen zu gierig werden, geschieht immer dasselbe – sie stehen am Ende mit nichts da. Aber von Anfang an: es war einmal im Jahre des Herrn 2023, als sich die FIFA entschied, künftig gottlos viel Lizenz-Cash von EA zu verlangen, nämlich rund 1'000'000'000 US-Dollar. Zum Vergleich: EA setzte mit FIFA-Game Verkäufen in den letzten 20 Jahren rund 20 Milliarden um, zuzüglich In-Game-Transaktionen. Somit will die FIFA praktisch den gesamten Titelumsatz (nicht den Gewinn) von EA abzwacken und der Publisher wäre auf Gedeih und Verderb auf Mikrotransaktionen angewiesen.

Fi, Fa, Fail

EA lehnte den Deal im Mai 2022 also «dankend» ab. FIFA Präsident Gianni Infantino gab sich daraufhin trotzig und kündigte vollmundig ein eigenes Spiel an: «Das einzige authentische, echte Spiel, ist das, das den Namen FIFA trägt. Der Name FIFA ist der einzige globale, originale Titel. FIFA 23, FIFA 24, FIFA 25 und FIFA 26 und so weiter – die Konstante ist der Name FIFA und er wird für immer bleiben und das Beste sein.» Liegt es an mir, oder kriegst du auch leichte Donald Trump Vibes bei diesem Zitat? 😊

Im September 2023 erschien der nächste AAA-Fussball-Titel: EA Sports FC 24. Von FIFA weit und breit keine Spur.

EA muss sich ordentlich ins Fäustchen gelacht haben, denn im Prinzip verloren sie lediglich die FIFA-Lizenz; es dürfen also keine Weltmeisterschaftsmodi mehr im Spiel enthalten sein. Andere Lizenzen, von grossen europäischen Ligen (Premier League, Serie A, Bundesliga etc.) bis hin zu Kontinentalverbänden wie der UEFA und CONMEBOL, sind EA weiterhin eigen und daher nach wie vor im Spiel enthalten. Die FIFA hat bis dato kein eigenes Spiel released. Aber das verwundert nicht weiter, schliesslich ist die Entwicklung und das Publishing eines Videospiels auf diesem Niveau nichts Triviales – und es ist ja nicht so, als wäre EA eines der wenigen Unternehmen, die sowas können. Gier frisst Hirn.

Auch EA ist beileibe kein Unschuldslamm

Schliesslich ist Electronic Arts kein gemeinnütziger Verein – im Gegensatz zur FIFA. 😆 Die wollen also Geld verdienen und den Return of Investment für ihre Anteilseigner erhöhen. Wie so viele Spiele führt also auch der grösste Fussballtitel alles im Sortiment: Season Passes, Lootboxen, Miktrotransaktionen und Ultimate Team. Mittlerweile macht das kalifornische Studio rund drei Viertel des FC-Umsatzes mit nachgelagerten Käufen, nicht ohne dafür mitunter heftig kritisiert zu werden.

Platzverweis

Hochmut kommt vor dem Fall, doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Ich finde die Kombi aus alten Managern, junger Zielgruppe und einem Unverständnis für «diese neumodischen Dinge» mitunter sehr amüsant – gerne mehr davon. Für die meisten Spieler:innen dürfte das FIFA-Logo auf der virtuellen Schachtel eher irrelevant sein. So mega wichtig sind Brands, dem tatsächlichen Produkt gegenübergestellt, nun auch wieder nicht, siehe X (Twitter), Nike (Blue Ribbon) oder Twix (Raider). Du findest EAs Praktiken dennoch grenzwertig? Bewerte das nächste EA-Spiel doch einfach mal mit einem Stern und dem Hinweis, dass jeder weitere Stern in einem separaten DLC erworben werden kann und je 19 Franken kostet oder so.

Was hältst du davon, dass jetzt FIFA auf dem Cover fehlt? Tendenziell egal, oder?