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Power fürs Spiel: Das kommt bei Fussballprofis auf den Teller

23.06.2025

Was essen Profis am Spieltag? Kann eine gesunde Ernährung die Leistung verbessern – und wo liegen ihre Grenzen? Christoph Schär, Chefkoch im Spitzensportzentrum OYM, verrät, worauf es ankommt. Und erklärt, was wir uns von den Profis abschauen können.

Lange kam der Ernährung im Profifussball nur eine Nebenrolle zu. In den letzten Jahren hat sie aber stark an Bedeutung gewonnen und gilt mittlerweile als wichtiger Erfolgsfaktor. Als Jürgen Klopp 2016 die Ernährungswissenschaftlerin Mona Nemmer zum FC Liverpool holte, bezeichnete er dies gar als einen der wichtigsten Transfers überhaupt.

Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass Fussballvereine auch hierzulande an der Ernährung ihrer Teams feilen. Der FC Basel hat einen Ernährungscoach engagiert, der die Mahlzeiten der Profis auf ihre individuellen Bedürfnisse abstimmt. Und die Berner Young Boys setzen ebenfalls auf die Expertise einer Ernährungsberaterin.

Aber wie sieht eine optimale Ernährung im Profifussball überhaupt aus? Welche speziellen Herausforderungen gibt es? Und können auch Hobbysportler:innen von diesen Konzepten profitieren? Antworten auf diese Fragen liefert uns Christoph Schär, Küchenchef im hochmodernen OYM-Trainingszentrum in Cham.

Ein Chefkoch im Spitzensport

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Christoph Schär kümmert sich mit viel Leidenschaft um die Ernährung im Spitzensport-Zentrum OYM. Quelle: OYM

Bevor Christoph Schär zusammen mit seinem Team aus Ernährungswissenschaftler:innen und Diätköch:innen bei OYM das Ernährungskonzept von Grund auf neu aufbaute, war er über 15 Jahre lang in Spitälern und Altersheimen tätig. Diese Erfahrung kommt ihm auch heute noch zugute, wie er schmunzelnd erzählt: «Ein Spitzensportler und ein Grosi im Altersheim haben überraschend ähnliche Herausforderungen. Er hat möglicherweise Gelenkprobleme wegen der hohen Belastung, sie wegen des Alters. Beide müssen mehr essen, als sie eigentlich mögen – nur aus unterschiedlichen Gründen.» Seine Mission bleibt also die gleiche: mit Wissen und Kreativität für jede Person das passende Gericht auf den Teller bringen.

Schärs Weg zu OYM begann eher zufällig. Als er im Jahr 2017 als Lehrmeister des Jahres nominiert war, traf er dort auf einen engen Vertrauten von Hans-Peter Strebel, Präsident des Eishockey-Vereins EV ZUG. Dieser hatte die Vision, Athletiktraining und Wissenschaft in hochmoderner Infrastruktur miteinander zu verbinden, und gründete OYM (On Your Marks) – ein Sportzentrum, das in seiner Art schweizweit einzigartig ist.

OYM: Wo Kochkunst auf Wissenschaft trifft

Die Ernährung ist bei OYM ein wichtiger Faktor für die Leistungsentwicklung. Gesund soll sie sein; und wissenschaftlich fundiert. Hierzu arbeitet die Gastronomie Hand in Hand mit der Ernährungswissenschaft zusammen. Dies ermöglicht, Kulinarik auf höchstem Niveau sportlergerecht anbieten zu können. Die Athlet:innen werden zusätzlich auch ernährungswissenschaftlich begleitet, um so die Umsetzung von Theorie in die Praxis zu gewährleisten. 

Die Wissensvermittlung an die Athlet:innen ist sehr wichtig, wie Schär erklärt: «Es geht nicht darum, jemandem ein Ernährungskonzept einfach überzustülpen, sondern darum, Wissen und Vertrauen aufzubauen. Wenn es ein Problem gibt, fragt sich die Person dann automatisch: Hat das vielleicht mit der Ernährung zu tun?»

Ernährung im Spitzensport: Kein Einheitsrezept für Erfolg

Doch was genau bringt bewusste Ernährung im Profisport wirklich? Unser Experte bleibt realistisch: «Kein Mensch ist gleich. Für manche Athleten ist die Ernährung zentral, bei anderen merkt man nur kleinere Effekte.»

Als Beispiel erzählt Christoph Schär von einer Schulung mit einer U18-Mannschaft. Dort fiel auf, dass einige schlecht schlafen oder wenig Energie haben, weil sie nicht oder falsch frühstücken. In solchen Fällen bringen einfache Kniffe grosse Effekte – im Training, in der Regeneration, aber auch im Alltag.

Gleichzeitig kennt er auch Ausnahmen: Ein Profi, mittlerweile fast 40 Jahre alt, der nie wirklich auf seine Ernährung geachtet hat und trotzdem seine Karriere gemacht hat. Solche Geschichten zeigen, dass die Ernährung ein wichtiger Baustein ist, aber nicht der einzige. Und ihr Effekt ist sehr individuell.

Dass Ernährung in den letzten Jahren auch im Schweizer Fussball an Bedeutung gewonnen hat, zeigt sich auch mit einem Blick auf den Stellenmarkt. Immer häufiger werden Fachpersonen mit Zusatzwissen in Diätetik oder Erfahrungen im Bereich Sporternährung gesucht. Trotzdem hängt vieles von der Philosophie eines Vereins ab – und von den Ressourcen. «Einmal pro Woche ein gesundes Menü bringt nichts. Wenn man es ernst meint, dann fängt man beispielsweise mit der Ernährung an den Spieltagen an. Mit kleinen, konkreten Schritten», so Schär.

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Nicht nur das Training trägt zum Erfolg bei, sondern auch die richtige Ernährung. Quelle: Unsplash | Jeffrey F Lin

So essen Fussballprofis am Spieltag

Für den OYM-Küchenchef ist die Ernährung im Profifussball ein sehr aktuelles Thema, denn zur Frauen-Fussball-EM in der Schweiz wird die schwedische Nationalmannschaft bei ihnen im Sportzentrum zu Gast sein.

Am Spieltag steht leichte, energiereiche Ernährung im Fokus. Ziel ist es, den Körper mit Energie zu versorgen, ohne ihn zu belasten. In der Regel gibt es drei Mahlzeiten: Frühstück, Mittagessen und Abendessen. In sehr wettkampfintensiven Zeiten wie der EM kommt eine vierte Mahlzeit am späteren Abend hinzu. Kohlenhydrate liefern dabei die nötige Energie, ergänzt durch magere Proteine. Fettreiche Speisen können am Spieltag hingegen zu Problemen führen: Sie liegen auf und sorgen häufig für Unwohlsein und Übelkeit. Ebenfalls gemieden werden zu viel Rohkost und blähende Lebensmittel – wobei auch hier gilt: Jede Person reagiert anders.

Christoph Schär schwört ausserdem auf Birchermüesli, denn dort ist alles drin, was unser Körper braucht: Quark für gute Proteine, Haferflocken für gesunde Kohlenhydrate, vitaminreiche Beeren und Nüsse mit gesunden Fetten. Wer Rohkost nicht gut verträgt, kann zu Porridge greifen.

Die letzte Mahlzeit vor dem Spiel erfolgt in der Regel zweieinhalb bis drei Stunden vor Anpfiff. Überraschend für viele: Auch Kuchen – in einer gesunden Variante – steht dabei oft auf dem Speiseplan. Beliebt sind ausserdem Pasta, Porridge oder gesundes Gebäck. Wird zu früh oder zu spät gegessen, kann das die Leistung beeinträchtigen. Dasselbe gilt für zu grosse oder zu kleine Mahlzeiten vor einem Match. Und ganz zentral: immer genug Wasser trinken. Gerade im Fussball, wo 45 Minuten ohne Pause durchgespielt wird, kann das eine Herausforderung sein.

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Das Birchermüesli – eine kompakte Nährstoffbombe. Quelle: Adobe Stock | 207197147

Die Ernährung nach dem Abpfiff

Nach dem Spiel verschieben sich die Prioritäten: Jetzt geht es um Regeneration. Dabei liegt auch hier der Fokus auf Kohlenhydraten und Proteinen. Gute Proteinquellen sind Quark, Fleisch, Hüttenkäse, Eier, aber auch Hülsenfrüchte.

Was genau auf den Teller kommt, hängt auch vom Zeitpunkt des Spiels ab. Wird abends gespielt und geht es danach schon bald ins Bett, braucht es leicht verdauliche Kohlenhydrate und Proteine, die den Schlaf unterstützen und nicht stören. Viele Athlet:innen haben direkt nach dem Spiel kaum Appetit. In solchen Fällen kann ein Shake eine gute Alternative sein – denn trinken fällt oft leichter als essen.

Supplemente wie Shakes und Proteindrinks spielen also auch in der Profisport-Ernährung eine Rolle. Die Basis sollte jedoch immer eine gesunde Ernährung sein. Schär erklärt: «Im besten Fall lässt sich alles über die Ernährung abdecken, aber es gibt Situationen, in denen Supplemente sinnvoll sind – beispielsweise bei grosser Hitze und starkem Schwitzen, wenn Elektrolyte verloren gehen. Dann kann ein hypotones Sportgetränk unterstützen. Oder wenn man die benötigte Proteinmenge nicht essen mag, kann ein Proteindrink helfen, um die Zufuhr zu unterstützen. Das Ganze ist sehr individuell.»

Wie Hobbysportler:innen profitieren

Auch im Hobbysport lohnt es sich, auf die Ernährung zu achten. Schär rät, sich bewusst mit dem Thema auseinanderzusetzen und es bei der Umsetzung nicht zu übertreiben: «Wer versucht, alles von einem Tag auf den anderen zu ändern, fällt meist schnell in alte Muster zurück. Besser ist es, in kleinen Schritten vorzugehen – zum Beispiel sich vor einem Wettkampf bewusster zu ernähren, mehr zu trinken oder auf Alkohol generell zu verzichten.»

Wer so vorgeht, merkt meist schnell positive Effekte – und genau das motiviert, weiterzumachen. Wichtig ist vor allem, nie stehen zu bleiben. Immerhin geht es auch um unsere Gesundheit, wie Schär betont: «Ernährung ist nicht nur im Sport wichtig, sondern sorgt auch dafür, dass es uns langfristig gut geht.»

Quelle Titelbild: Adobe Stock | 174178479

Eliane Lee

Content Marketing Manager

Ich liebe es, in andere Welten einzutauchen, sei es durch spannende Geschichten, mit Reisen in ferne Länder und Kulturen oder in meinem eigenen kleinen Garten – ich bin immer auf Entdeckungsreise. Und wenn es Zeit wird, die Seele baumeln zu lassen, findet ihr mich auf der Yogamatte oder mit einem guten Buch in der Hand.

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