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Die Legende der ersten Kartoffelchips

23.06.2025

Stell dir vor, du willst es jemandem so richtig heimzahlen – und kreierst dabei versehentlich den wohl beliebtesten salzigen Snack unseres Jahrhunderts. Klingt absurd, nicht wahr? Doch genau das wird George Crum nachgesagt. Ein anspruchsvoller Gast und ein frustrierter Koch sollen zum weltweit bekannten Massenprodukt geführt haben: unseren geliebten Kartoffelchips. Erfahre hier, was die Legende besagt und wie es um ihren Wahrheitsgehalt steht.

Dünn geschnitten, dick eingeschlagen

Wir schreiben das Jahr 1853, Saratoga Springs, New York. Cornelius Vanderbilt ist einer der reichsten Unternehmer der Vereinigten Staaten – und an diesem Tag im Moon’s Lake House zu Gast. Zum Leidwesen von George Crum, dem Koch des Hauses, stellt er sich als überaus wählerisch heraus. Die frittierten Kartoffelscheiben munden ihm ganz und gar nicht, und kurzerhand schickt er sie zurück in die Küche. Zu dick sollen sie sein. Zu ungewürzt. Und Crum? Nun, Crum hat die Nase gestrichen voll. «Dem zeig ich’s!», denkt er sich. Wutentbrannt schneidet er die Kartoffeln in hauchdünne Scheiben – frittiert sie so knusprig, dass keine Gabel mehr Halt in ihnen findet, und serviert sie seinem trotzigen Gast. Eins hat er dabei aber nicht kommen sehen: Vanderbilt ist hellauf begeistert. Tatsächlich treffen die Chips ganz seinen Geschmack und werden zur Spezialität des Hauses ernannt.

So zumindest lautet die Legende vom Koch, der in Rage den Grundstein für den heutigen Kartoffelchip gelegt haben soll. Eine witzige Geschichte – nur leider stark umstritten.

Zu knusprig, um wahr zu sein

So unterhaltsam die Geschichte auch sein mag, sie hat einen kleinen Haken: Höchstwahrscheinlich entspricht sie nicht der Wahrheit. Denn angeblich…

  • war Vanderbilt zu dieser Zeit gar nicht in Saratoga, sondern auf Europareise mit seiner Familie.

  • kaufte die Familie Moon das Lake House erst 1854, also ein Jahr nach der Legende.

  • wurde Crum erst nach seinem Ableben mit der Erfindung der Kartoffelchips in Verbindung gebracht, nie konkret zu Lebzeiten.

  • steht es um Vanderbilts Rolle ähnlich – diese tauchte erst über ein Jahrhundert nach der Geschichte erstmals auf.

  • sollen die Kartoffelchips in Saratoga 1853 bereits bekannt gewesen sein.

Diese Umstände legen nahe, dass es sich bei der Geschichte um einen Mythos handelt. Dennoch ist die Legende weit verbreitet, wohl nicht zuletzt, weil sie so knusprig ist wie die Kartoffelchips selbst. Sie ist so überraschend und amüsant, dass man trotz aller Widersprüche an sie glauben möchte.

Doch wie war es dann?

Gute Frage – es gibt zahlreiche Theorien, viele von ihnen spielen in derselben Stadt, sogar im selben Hotel, während andere auf Europa verweisen. Drei bekannte Alternativen wären da:

  • Catherine Adkins Wicks (Crums Schwester): In einer Variante soll nicht Crum, sondern sie es gewesen sein, die dem anspruchsvollen Gast mit extra dünnen Kartoffelscheiben die Stirn zu bieten versuchte. Eine andere Theorie hingegen besagt, ihr wäre in einem Moment der Unachtsamkeit eine dünne Kartoffelscheibe in den Topf gefallen.

  • Die Köchin Eliza: Ihr Nachname ist nicht mehr bekannt, doch es heisst, dass sie schon vier Jahre vor der Crum-Geschichte für ihre knusprig frittierten Kartoffeln in Saratoga berühmt geworden war.

  • William Kitcher: Der englische Arzt habe bereits 1817 in seinem Buch ein Rezept für frittierte Kartoffelscheiben veröffentlicht, das stark an Kartoffelchips erinnert.

Das sind allerdings noch lange nicht alle Theorien: Auch der Hotelier Hiram S. Thomas, der das Moon's Lake House führte, und die im selben Hause angestellte Köchin Emeline Jones wurden nachträglich mit der Erfindung in Verbindung gebracht. Darüber hinaus soll es in Europa Berichte über dünn geschnittene, gebratene Kartoffelscheiben aus dem späten 18. Jahrhundert geben, die als Vorläufer der Kartoffelchips durchgehen könnten.

Wer jedoch nun wirklich hinter den Kartoffelchips steckt, ist und bleibt ein ungelöstes Rätsel – wie bei unzähligen anderen Kreationen ebenso.

Ein Grund für Zweifel(-Chips)

So zweifelhaft die Legende um die Erfindung der Kartoffelchips auch sein mag – wir haben ja immer noch unsere Zweifel-Chips. Diese finden ihren Ursprung auf einem Bauernhof in Katzenrüti, wo Hans Meier, ein Cousin von Heinrich Zweifel senior, die ersten (inoffiziellen) Zweifel-Kartoffelchips frittierte. Nach seinem überraschenden Tod integrierte die Familie Zweifel die Chips-Herstellung in ihre kleine Fabrik und brachte 1958 die ersten Chips unter dem Namen Zweifel auf den Markt. Geniessen tun wir sie heute noch.

Quelle Titelbild: Unsplash | Esperanza Doronila

Duygu Özdemir

Content Marketing Managerin

Wenn ich mal nicht gerade damit beschäftigt bin, meiner literarisch-kreativen Ader freien Lauf zu lassen, stecke ich höchstwahrscheinlich in einem Netflix-Marathon fest («Nur noch eine Folge!»), unterhalte ich mich angeregt über die verschiedensten Themen, lese ein gutes Buch oder fordere mich selbst mit einem neuen Hobby heraus. Meine Wissbegierde kennt keine Grenzen, und hier habe ich die Möglichkeit, sie auszuleben und mit anderen zu teilen.

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