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Crazy Matches: So wunderlich kann Fussball sein

23.06.2025

Fussball kann überraschend und aussergewöhnlich sein – das beweisen einige der denkwürdigsten Spiele der Geschichte. Lass dich auf eine Reise durch Raum und Zeit entführen, von unerwarteten Siegen, Sportsgeist auf Abwegen und legendären Toren, die den Fussball zur schönsten Nebensache der Welt machen.

Deutschland vs. Ungarn (1954), Endstand 3:2

Auch bekannt als «Das Wunder von Bern». Ja, tatsächlich richtete die Schweiz schon eine WM aus, wenn auch vor mehr als einem halben Jahrhundert. Wir schieden allerdings im Viertelfinale in einem denkwürdigen Spiel gegen Österreich aus, dazu komme ich aber noch – kei Angscht. Zuerst das zweitspektakulärste Spiel des Turniers, nämlich das Finale Deutschland gegen die favorisierten Ungarn, welches Deutschland für sich entscheiden konnte. Die emotionale Geschichte rund um die Mannschaft von Sepp Herberger wurde in einem bewegenden Spielfilm inszeniert, der diese Sportgeschichte mit der dramatischen Nachkriegserzählung der deutschen Familie Lubanski verbindet.

Brasilien vs. Deutschland (2014), Endstand 1:7

Autsch, das tat weh. Dieses Spiel habe ich damals live mit Freunden geschaut. Als «guter» Schweizer wurde ich selbstverständlich dazu erzogen in allen sportlichen Belangen stets gegen Deutschland zu sein, da die ja sowieso immer nur Losglück haben und ab und an scheinbar zu zwölft auf dem Platz stehen in Kombination mit dem arroganten (selbstbewussten) Auftreten. Selektive Wahrnehmung lässt grüssen. Jetzt also gegen Brasilien, Halbfinal. Ich kombinierte die zwei vermeintlich schönsten Freuden des Lebens und übte mich in Vorfreude auf meine Schadenfreude. Doch nix da. Damn, das war echt bitter – für die Brasilianer natürlich. Die WM im eigenen Land und dann dermassen vorgeführt zu werden, das hätte ich mir dann doch eher für den Sommer 2006 gewünscht. Tja, es kommt halt doch oft anders als man denkt und Deutschland zog glorreich und hochverdient in den Final, welchen es gegen Argentinien in der Verlängerung mit 1:0 gewann - da sind wir wieder beim Glück. Nene, auch das ging vollkommen klar, so viel muss ich zugestehen 😉. Fun Fact: Seither gibt es in Brasilien Sprichwörter wie «7 a 1 foi pouco» oder «Gol da Alemanha», die verwendet werden, wenn die Dinge den Bach heruntergehen.

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Argentinien vs. England (1986), Endstand 2:1

Da dieses Spiel etwa ein halbes Jahrzehnt vor meiner Geburt stattfand, konnte ich es leider nicht mit eigenen Augen miterleben. Wie man mir erzählte, sei dies eines der denkwürdigsten Spiele überhaupt gewesen, denn es fielen gleich zwei legendäre Tore durch verschiedene Körperteile Diego Maradonas – innerhalb von nur vier Minuten. Das hatte echt Hand und Fuss: In der 51. Minuten lenkt Maradona den Ball nach einem missglückten Befreiungsversuch des englischen Verteidigers Steve Hodge mit seiner Hand hinter die Torlinie, später gab Maradona zu Protokoll, dass es sich dabei um die mittlerweile berühmte «Hand Gottes» gehandelt habe. Der Schiedsrichter übersah den Regelverstoss und bis zum VAR sollte es noch einige Jahrzehnte dauern. Somit stand es eins zu null. Nur wenige Minuten nach dem erneuten Anpfiff setzte die argentinische Fussballikone erneut an und dribbelte von der eigenen Platzhälfte aus auf das gegnerische Tor zu. Er liess ganze fünf Abwehrspieler plus den Torwart in einer gekonnten Lässigkeit stehen, wie es nur selten zu sehen war – Verteidigung durchgespielt. Dieses Goal, welches in der 54. Minute fiel, gilt als eines der besten in der gesamten Fussballgeschichte, teilst du diese Meinung?

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Schweiz vs. Österreich (1954), Endstand 5:7

Nochmals zurück in die Schweiz zum versprochenen Highlight-Spiel gegen Österreich. In jenem Turnier, welches die deutsche Elf überraschend gewann, schied die Schweiz im Viertelfinale gegen Österreich in einem Schützenfest mit 12 Toren aus. Besonders bitter: wir führten mit drei zu null. Unsere östlichen Freunde schafften es aber innerhalb von nur vier Minuten auszugleichen. Das muss ein Fest gewesen sein. Die Schweiz fiel im Laufe des Spiels um weitere zwei Tore ins Hintertreffen, schafften dann den Anschlusstreffer, doch das ÖFB-Team unter Captain Ernst Ocwirk erhöhte alsbald auf 6:4. Die Schweiz schaffte erneut den Anschluss, nur um wieder ins Hintertreffen zu geraten. Endstand 5:7. Mit solch einem Spiel wären wir heutzutage wohl mehr als happy, denn an einer WM schafften wir es seither nicht mehr so weit. Überhaupt mal wieder ins Viertelfinale zu kommen…

Claypole vs. Victoriano Arenas (2011), Endstand 2:0

Dieses Spiel hätte wohl kaum über die Region hinaus Bekanntheit erlangt, wenn es nicht ein offizielles CONMEBOL respektive FIFA Spiel gewesen wäre und somit in die Annalen der Geschichten Einzug gehalten hätte. Denn das Spiel der Primera D, also der fünften argentinischen Liga, hält einen unrühmlichen Weltrekord, der es sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat: 22 Feldspieler, 12 Ersatzspieler, beide Trainer – und sie alle wurden mit einer roten Karte vom Platz gestellt. 36 Platzverweise, das ist Weltrekord. Das ist der Anti-Fairplay-Preis für sportliches Verhalten.

Claypole vs. Victoriano Arenas (2011)

AS Adema vs. SO I'Emyrne (2002), Endstand 149:0

Stell dir vor, du gehst zu einem Fussballspiel und erwartest ein spannendes Match. Stattdessen erlebst du das weirdeste Spiel ever, denn eine Mannschaft schiesst aus Protest ein Eigentor ums andere. Immer weiter, es hört einfach nicht auf, wieder und wieder, mehr als eines pro Minute, einhundertneunundvierzig insgesamt. Menschen verlangten ihre Eintrittsgelder zurück. Was zur Hölle war passiert? Nun, die Spieler von SO l'Emyrne waren wegen einer Schiedsrichterentscheidung aus dem vorherigen Spiel, welches ihnen die Chance auf die Meisterschaft zunichtemachte, derart verärgert, dass sie sämtliche Contenance verloren und zur unrühmlichen 149-fachen Wiederholungstat schritten. Die Konsequenzen hielten sich aber in Grenzen, streng genommen wurde auch nichts Verbotenes gemacht: Der Trainer wurde drei Jahre gesperrt und einigen Spieler wurden disziplinarische Massnahmen auferlegt. Ob England oder Madagaskar, Fussball auf einer Insel ist halt immer eine Sache für sich.

Saudische Liga, Endstand irrelevant

Gewisse Dinge kann man nicht kaufen. Wer unendlich Geld hat, scheint das aber zu vergessen. Kultur, exemplarisch die Fussballkultur, kann nicht gekauft werden. Sie entsteht organisch. Wie alles, was wir lieben. Das Geld kommt später als eine Art Schaulustiger dazu, wenn sich Menschen bereits zusammengefunden haben, zum Besseren und zum Schlechteren. Natürlich, der Zug fährt schon eine Zeit und das grosse Geld ist schon lange da. Doch unten am Golf setzen sie immer gerne noch einen drauf.

Fussballplatz
So ein Platz würde wohl auch ausreichen, anstelle der fossil finanzierten Fussballtempel. Quelle: Unsplash

Liegt es an mir oder kommen dir solche Ansätze, wie sie die Saudis verfolgen auch ein bisschen so vor, wie bei einem 18 jährigen Rich-Kid, dem noch niemand wagte, die echte Welt zu zeigen? Denn trotz internationalen Grössen und Legenden wie einem Ronaldo, Benzema, Kanté, Fabinho oder Dembélé, um nur einige zu nennen, sowie Cash-Reserven, die selbst den guten alten Dagobert D. aus E. vor Scham erröten lassen würden, kommt die Liga im Schnitt auf magere 8500 Zuschauer pro Spiel. Allerdings dürfte der königliche Atem ungesehen ausdauernd und lang sein – und vielleicht ein bisschen nach Öl riechen. Die Zeit wird es zeigen, wie sie es immer tut.

Fazit

Fussball kann ganz schön verrückt sein. Von Spielen mit mehr als einem Tor pro Minute bis hin zum Spielabbruch wegen zu vielen Platzverweisen ist alles möglich. Wo immer es eine hohe Anzahl von etwas gibt, in diesem Fall Fussballspiele, gibt es immer auch Ausreisser nach unten und oben (Gausssche Normalverteilung / Bell Curve). Du darfst also auch in Zukunft auf bizarre Begegnungen spekulieren. Persönlich hoffe ich für den Sport, ohne selbst ein übermässig starker Fussballfan zu sein, dass der Enthusiasmus und die Passion erhalten bleiben – trotz FIFA, fragwürdigen Lizenz- und Übertragungsdeals sowie Gewinnmaximierungen. Welche Spiele sind dir besonders in Erinnerung geblieben? Möglicherweise der letzte Spieltag der Super League 2005/6, bei welchem sich der FCZ in der 93. Minute die Meisterschaft schnappte? Und welche epischen Begegnungen wünschst du dir für kommende Turniere?

Benjamin Bischof

Content Marketing Manager

Irgendwo zwischen Old Soul und Kindskopf begeistere ich mich seit je her für alles Digitale, aber auch so manch Analoges. Ich schraube regelmässig an Beats in meiner DAW, führe mein Volk in Strategiespielen zu Ruhm und Ehre oder geistere wie ein Schatten durch einen Stealth Shooter. Zudem höre ich gerne schlauen Menschen zu, die über Philosophie, Technologie oder gesellschaftliche Themen sprechen. Selbstverständlich alles mithilfe (m)eines Computers, dem wahrscheinlich mächtigsten und zugänglichsten Werkzeug der Menschheitsgeschichte. Viel zu lernen ich noch habe!

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