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Calisthenics – flexibles Training mit dem eigenen Körpergewicht

29.12.2025

Der Laptop klappt zu, der Rücken knarzt schmerzend und der Schrittzähler zeigt passiv-aggressiv kaum Fortschritt an. Motivation fürs Fitnessstudio? Irgendwo zwischen Pendelstrecke und Abenddämmerung verloren gegangen. Was aber immer da ist: das eigene Körpergewicht. Calisthenics ermöglicht überall schnelle Workouts. Ein paar Quadratmeter Boden reichen, um Kraft, Stabilität und Beweglichkeit aufzubauen. Ohne Gerätepark, ohne Abo und Anfahrtsweg.

Über die Herkunft der schönen Kraft

Der Begriff «Calisthenics» geht auf zwei griechische Wörter zurück: kallos (Schönheit) und sthenos (Kraft). Gemeint war ursprünglich nicht der grösstmögliche Bizeps, sondern eine harmonische, funktionale Kraft, die Haltung, Koordination und Bewegung im Alltag verbessert.

Im 19. Jahrhundert taucht Calisthenics in Europa und Nordamerika als Teil von Gymnastik- und Turnbewegungen auf. In Schulen und Militär wurden systematische Körpergewichtsübungen eingeführt: Kniebeugen, Sprünge, Stützübungen und simple Turnelemente. Ziel war nicht Fitness-Lifestyle, sondern Disziplin, Gesundheit und militärische Einsatzfähigkeit.

Später landeten die gleichen Grundbewegungen in Schulsport, Wehrdienst und Vereinen. Heute erlebt Calisthenics eine Renaissance: Street-Workout-Parks, Social-Media-Challenges und YouTube-Tutorials knüpfen an dieselben Prinzipien an – nur mit anderer Ästhetik. An den Trainingsstangen räkeln sich Calisthenics-Enthusiast:innen in exotischen Formen wie Planche, Front Lever oder der berüchtigten Human Flag. Die Basis bleibt aber schlicht: Drücken, Ziehen, Hocken, Stützen, Rotieren.

Als Inspiration gibt es auf Reddit einen Fundus an Diskussionen und Form-Beispielen: Calisthenics-Gruppe auf Reddit.

Die Vorteile liegen auf den Händen 

In einer technisierten Arbeitswelt, in der viele Stunden im Sitzen verbracht werden, wirkt Calisthenics wie ein Gegenentwurf:

  • Ortsunabhängig: Wohnzimmer, Balkon, Hotelzimmer, Park – die eigene «Trainingsfläche» passt überall hin und erlaubt kaum mehr Ausreden.
  • Zeiteffizient: Schon 10 bis 15 Minuten gezieltes Eigengewichtstraining, zwei- bis dreimal pro Woche, können spürbare Effekte auf Kraft und Wohlbefinden haben – im Einklang mit Empfehlungen von Gesundheitsorganisationen, die regelmässige muskelstärkende Aktivität fordern.
  • Alltagsrelevant: Es wird nicht für eine Maschine trainiert, sondern für Bewegungen, die ohnehin stattfinden: Heben, Tragen, Treppensteigen, Aufstehen vom Stuhl.
  • Niedrige Einstiegshürde: Kein Abo, kein komplexer Plan – ein überschaubares Set an Übungen genügt, das sich ohne viel Nachdenken abrufen lässt.
  • Skalierbar: Dieselbe Übung kann mit wenigen Anpassungen leichter oder deutlich anspruchsvoller werden. Fortschritt entsteht durch Technik, Hebel und Wiederholungen – nicht zwingend durch mehr Gewicht.

Wer viel sitzt, braucht weniger den «perfekten Trainingsplan» als vielmehr zwei, drei robuste Bewegungsmuster, die den Körper regelmässig aktivieren.

Standardübungen für den ganzen Körper

Statt eines kompletten Katalogs lohnt sich ein Blick auf einige Grundübungen, die grosse Muskelgruppen ansprechen und gut kombinierbar sind. Wichtig ist dabei eine saubere Technik – Geschwindigkeit und Schwierigkeit können später angepasst werden.

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Liegestütze lassen sich überall durchführen und in unterschiedlicher Schwierigkeit und Muskelgruppe variieren – einfach über die Handplatzierung. Quelle: Nappy | Unsplash

 

1. Liegestütze – die klassische Druckbewegung

Trainierte Muskeln: Brust, Schultern, Trizeps, vordere Rumpfmuskulatur.

Ausführung:
Hände etwas breiter als schulterbreit auf dem Boden platzieren, Finger leicht nach aussen gedreht. Füsse aufstellen, mit dem Körper eine möglichst gerade Linie von Kopf bis Ferse bilden. Dann kontrolliert absenken, bis die Brust sich dem Boden annähert, und wieder nach oben drücken, ohne im unteren Rücken durchzuhängen.

Einstieg:
Wem das zu anspruchsvoll ist, kann mit Liegestützen an der Wand oder auf einer stabilen Tischkante beginnen. Der Winkel erleichtert die Übung deutlich, der Bewegungsablauf bleibt gleich.

Steigerung:
Engere Handstellung, einbeinige Variante oder dynamische Varianten wie Burpees erhöhen später die Intensität deutlich – sollten aber erst dann ins Training kommen, wenn die Grundbewegung sitzt.

 

2. Kniebeugen – Fundament für Beine und Hüfte

Trainierte Muskeln: Oberschenkel, Gesäss, hintere Kette, Core-Stabilität.

Ausführung:
Füsse etwa hüft- bis schulterbreit aufstellen, Zehen leicht nach aussen drehen. Der Oberkörper bleibt aufrecht, der Blick nach vorne. Nun das Becken nach hinten-unten führen, als würde ein Stuhl hinter einem stehen. Die Knie folgen der Fussrichtung und bleiben möglichst über dem Mittelfuss. So tief beugen, wie es sich bei neutralem Rücken gut anfühlt, anschliessend kräftig über die Füsse wieder in den Stand drücken.

Einstieg:
Für zusätzliche Sicherheit kann sich eine Person an einem Türrahmen oder einer Stuhllehne leicht festhalten. Wer unsicher in der Tiefe ist, setzt sich kontrolliert auf einen Stuhl und steht wieder auf – eine sehr alltagsnahe Variante.

Steigerung:
Später sind Varianten wie Ausfallschritte oder Sprungkniebeugen möglich, die zusätzlich Herz-Kreislauf und Koordination fordern.

 

3. Plank – Stabilität für die Körpermitte

Trainierte Muskeln: Bauchmuskulatur, tiefer Rumpf, Schultern, Gesäss.

Ausführung:
Unterarme auf dem Boden platzieren, Ellenbogen etwa unter den Schultern. Füsse aufstellen - der Körper bildet eine Linie von Kopf bis Ferse. Bauch und Gesäss aktiv anspannen, der Blick geht zum Boden. Die Position wird gehalten, ohne ins Hohlkreuz zu fallen oder das Becken anzuheben. Ruhig weiteratmen.

Einstieg:
Wer neu einsteigt, startet mit 10 bis 20 Sekunden und steigert langsam. Wird der Rücken müde, endet die Übung – Qualität geht vor Dauer.

Steigerung:
Später können z. B. abwechselnd Knie Richtung Ellenbogen geführt oder Arme kurz angehoben werden, um die Stabilität weiter herauszufordern.

 

 

4. Ausfallschritte – Kontrolle in Bewegung

Trainierte Muskeln: Oberschenkel vorne und hinten, Gesäss, stabilisierende Muskulatur um Knie und Hüfte.

Ausführung:
Aufrecht stehen, die Hände können in die Hüfte gestützt werden. Ein grosser Schritt nach vorne, das hintere Knie bewegt sich in Richtung Boden, ohne diesen zwingend zu berühren. Das vordere Knie bleibt ungefähr über dem Fuss. Aus der vorderen Ferse wieder kraftvoll zurück in den Stand drücken und das Bein wechseln.

Einstieg:
Eine Wand oder ein Stuhl in Griffweite hilft bei Balanceproblemen. Der Schritt darf zu Beginn kleiner sein, solange die Kontrolle stimmt.

Steigerung:
Später sind gehende Ausfallschritte oder diagonale Varianten interessant, die auch Koordination und Gleichgewicht stärker fordern.

 

5. Burpees – Ganzkörper in Kurzform

Trainierte Muskeln: Beine, Brust, Schultern, Rumpf, Herz-Kreislauf.

Ausführung (Basis):
Aus dem Stand in die Hocke gehen, Hände vor den Füssen aufsetzen. Füsse mit einem kleinen «Sprung» nach hinten in eine stabile Liegestützposition bringen. Kurz stabilisieren, dann die Füsse – erneut mit einem kleinen Sprung – zurück an die Hände bringen und wieder aufstehen, optional mit kleinem Strecksprung beim Aufrichten . Alternativ kann am Boden auch noch ein Liegestütz integriert werden. Wichtig dabei ist die saubere Ausführung und eine explosive, spannungsvolle Bewegung.

Burpees sind fordernd und eignen sich eher als kurze, intensive Einlage am Ende eines Trainingsblocks. Wenige saubere Wiederholungen sind hier sinnvoller als hohe Zahlen auf Kosten der Technik.

 

Trainingskonzept mit realistischem Rahmen

Ein mögliches Grundgerüst, das sich gut in einen vollen Alltag integrieren lässt:

  • 2 bis 3 Einheiten pro Woche, z. B. Montag, Mittwoch, Freitag
  • Dauer pro Einheit: 10 bis 15 Minuten
  • Ablauf-Beispiel:

Wichtig ist weniger die perfekte Periodisierung als die Regelmässigkeit , mehr dazu auf unserem Guide zum Muskelaufbau. Gesundheitsorganisationen empfehlen unabhängig vom Setting, an mindestens zwei Tagen pro Woche die Muskulatur zu fordern – ob mit Hanteln oder nur mit Eigengewicht.

Wer mehr Struktur möchte, findet online frei zugängliche Programme aus Militär- und Leistungssportkontexten, in denen klassische Calisthenics-Übungen systematisch kombiniert werden.

Viel Wirkung ohne Geräte

Calisthenics ist keine neue Fitness-Mode, sondern eine alte Idee mit zeitgemässer Relevanz: mit dem eigenen Körpergewicht trainieren, um im Alltag stärker, stabiler und beweglicher zu werden.

  • Historisch reicht die Tradition von antiken Übungsformen über Militärgymnastik und Schulsport bis zu heutigen Street-Workout-Parks.
  • Gesundheitlich passt Calisthenics nahtlos zu den Empfehlungen, regelmässig grosse Muskelgruppen zu fordern und langes Sitzen zu unterbrechen.
  • Praktisch ist es ein «immer-dabei-Homegym», das zwischen Meeting und Feierabend, Bildschirm und Balkon Platz findet.

Wer sich dem Thema annähern möchte, muss nicht mit komplexen Skills beginnen. Einige wenige Grundübungen, regelmässig und sauber ausgeführt, legen ein Fundament, auf dem später alles andere aufbauen kann – ob klassisches Fitnessziel oder doch irgendwann auf dem Weg zum Burpee-Rekord.

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Klimmzüge sind der Klassiker an der Stange, egal ob mit Ristgriff (siehe Bild) oder im Untergriff. Quelle: Gheorghe Catalin Crisan | Unsplash

Wenn der Boden nicht mehr reicht: Training an Stangen & Griffen

Wer mit Liegestützen, Kniebeugen und Planks vertraut ist, kann Calisthenics leicht nach oben erweitern – im wahrsten Sinne des Wortes. In vielen Städten stehen heute Street-Workout-Parks mit Stangen für Klimmzüge, Dips und statische Halteübungen. Das Prinzip bleibt gleich: Eigengewicht und kontrollierte, saubere Übungsabläufe.

Klassiker wie Klimmzüge (Rücken, Bizeps, Griffkraft) oder Dips (Brust, Schultern, Trizeps) bauen gezielt Oberkörperkraft auf und lassen sich mit Widerstandsbändern oder erhöhten Fusspunkten schrittweise erlernen. Für den Einstieg reicht oft schon eine stabile Stange im Türrahmen zu Hause, später kommen Varianten wie enge Klimmzüge, L-Sit-Haltungen oder explosive Pull-ups hinzu.

Auch kleine Hilfsmittel können das Training sinnvoll ergänzen: Push-up-Bars vergrössern den Bewegungsradius bei Liegestützen und entlasten gleichzeitig die Handgelenke. Eine Klimmzugstange erweitert das heimische Setup auf Oberkörperübungen, ohne ein eigenes Fitnessstudio aufzubauen.

Brack-Empfehlungen für Calisthenics-Zubehör:

  • KOOR Push Up Bar 24 cm – stabile Holz-Liegestützgriffe mit viel Auflagefläche, ideal für tiefere Push-ups und Handgelenksentlastung.
  • adidas Push Up Bars – kompakte Metallgriffe mit rutschfester Basis, die Liegestützen mehr Tiefe und Stabilität geben.
  • Schildkröt Fitness Klimmzugstange Chrome – Türrahmen-Klimmzugstange für zu Hause, belastbar bis 120 kg und schnell montiert.

So entsteht aus dem einfachen Bodenprogramm Schritt für Schritt ein kleines, aber erstaunlich vielseitiges Home-Gym. Wer sich dem Thema annähern möchte, muss nicht mit Human Flag und Muscle-up starten. Einige wenige Grundübungen, ein paar Stangen – und die Schwerkraft übernimmt den Rest. Und wenn der Schrittzähler wieder passiv-aggressiv blinzelt, hat der eigene Körper spätestens jetzt eine ziemlich gute Antwort parat.

 

Quelle Titelbild: Pablo Merchán Montes | Unsplash

Maximilian Bauer

Marketing Manager Editorial Content

Ehemaliger Kulturjournalist, heute Unternehmenskommunikator mit B2B-Hintergrund in öffentlichen Institutionen und der Softwareindustrie. In meiner Freizeit dreht sich vieles um Technik in allen Facetten: eine zu grosse Gitarrensammlung, jede Menge Audio-Equipment und ungebrochene Musikleidenschaft. Dazu kommt das Fotografenauge – mit Schwäche für (leider) viel zu teure Kameras – und meine nostalgische Liebe zu PC-Spielen: von taktischen Shootern über Rollenspiele bis hin zu Strategie-Klassikern. Bei Brack darf ich über all das schreiben, was mich schon immer fasziniert hat.

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