Wenn eine Marke Flügel bekommt – ein Blick ins Red Bull-Universum

Wer Red Bull hört, denkt längst nicht nur an Koffein und Taurin, sondern an Fallschirmsprünge aus der Stratosphäre, Formel-1-Rennen, Gaming-Turniere und Musikfestivals. Es gibt kaum eine Marke, die es geschafft hat, sich so weit von ihrem ursprünglichen Produkt zu entfernen, und dabei trotzdem authentisch zu bleiben. 

Von Koffein zu Kultur und Lifestyle

Statt klassische Werbung zu schalten, begann die Marke, Geschichten zu erzählen – über Menschen, die etwas wagen. Und so wurde aus einem Energy-Drink ein eigenes Medienimperium.

Getrieben wird diese Strategie aus dem Red Bull Media House, gegründet 2007 in Salzburg, und heute ein Multiplattform-Medienunternehmen in TV, Mobil, Digital, Audio und Print. Die Bandbreite ist erstaunlich. Was alle verbindet, ist der erzählerische Kern – Energie, Leidenschaft und Kreativität. Statt Produktplatzierungen liefert Red Bull Geschichten, in denen die Marke höchstens beiläufig vorkommt.

Ein besonderer Teil war auch die Red Bull Music Academy (1998-2019), ein kreatives Labor für Künstler:innen aus aller Welt. Hier trafen Produzent:innen, Sänger:innen und DJs aufeinander, um gemeinsam Musik zu machen und voneinander zu lernen. Über zwei Jahrzehnte lang war die Academy ein fester Bestandteil der internationalen Club- und Popkultur. Ihre Wirkung bleibt jedoch auch nach ihrer Einstellung: Viele der geförderten Musiker:innen prägen heute die globale Szene.

Formate wie Red Bull SoundClash, bei dem zwei Bands oder Künstler:innen auf einer Bühne musikalisch gegeneinander antreten, oder das Red Bull BC One, der wohl renommierteste Breakdance-Wettbewerb der Welt, zeigen, wie Red Bull Räume schafft, in denen sich Kultur entfalten kann – nicht als Werbefläche, sondern als Plattform. 

Wenn Energie sichtbar wird

Kaum ein Unternehmen ist so eng mit Sport verknüpft wie Red Bull. Statt sich mit Logo-Platzierungen zufrieden zu geben, macht Red Bull den Sport gleich selbst zur Bühne, und produziert eigene Wettbewerbe, trainiert Teams und erzählt eigene Geschichten. Das Prinzip bleibt immer gleich: Menschen zeigen, die alles geben – egal, ob auf Schnee, Asphalt oder am Bildschirm.

Der Startschuss: von Lienz in die Welt

Der Anfang machte 1988 der Red Bull Dolomitenmann. Ein Wettbewerb, der so kompromisslos war, dass er sinnbildlich für das stehen sollte, was die Marke bis heute ausmacht: Teamgeist, Ausdauer und ein Schuss Wahnsinn. Laufen, Paragliden, Biken, Paddeln – vier Disziplinen, ein Ziel: über sich selbst hinauswachsen. Was als lokales Spektakel begann, wurde zur Blaupause für alles, was folgte.

Motorsport: vom Aussenseiter zum Weltmeister

Als Red Bull 2005 das ehemalige Jaguar-Team in der Formel 1 übernahm, war die Skepsis gross. Ein Energy-Drink-Hersteller zwischen Traditionsmarken wie Ferrari und McLaren? Doch nur wenige Jahre später stand Sebastian Vettel ganz oben auf dem Podium. Vier Weltmeistertitel in Folge machten Red Bull zu einer ernstzunehmenden Kraft im Motorsport. Es war nicht nur ein sportlicher Triumph, sondern ein PR-Coup: Die Marke, die für Risiko und Geschwindigkeit steht, hatte den Beweis für beides geliefert. Heute fährt Red Bull Racing weiter an der Spitze mit, während die Marke parallel in Serien wie DTM, WTCC, Formel 3, Formel 3000 und GP2-Serie aktiv ist. Motorsport ist längst nicht mehr nur Bühne, er ist Teil der DNA. 

Fussball mit Flügeln

Auch im Fussball sorgt die Marke für Gesprächsstoff – ab Mitte der 2000er Jahre wagte Red Bull den Einstieg in die Fussballwelt. Mit den Teams FC Red Bull Salzburg in Österreich, New York Red Bulls in den USA, Red Bull Brasil und Red Bull Bragatino in Brasilien sowie RB Leipzig in Deutschland und RB Omiya Ardija in Japan ist die Getränkemarke gut in der Fussballwelt vertreten und kann auch hier sportlich glänzen. Das sorgt bis heute für Diskussionen, aber auch für sportliche Erfolge.

Grenzen testen, Schwerkraft ignorieren: Das Herz schlägt im Extremsport

Doch Red Bull bleibt nicht auf dem Boden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Herz der Marke schlägt im Extremsport. Basejumping, Freeride, Cliff Diving, Surfing – dort, wo Risiko und Euphorie sich berühren, ist Red Bull nicht weit. 

Der Stratosphärensprung von Felix Baumgartner im Jahr 2012 war der Höhepunkt dieser Philosophie: Ein Mensch, der wortwörtlich Grenzen überwindet, und eine Marke, die zeigt, was «Flügel verleihen» wirklich bedeutet. Der Moment wurde live im Internet sowie in vielen Ländern im TV übertragen und millionenfach gestreamt, geteilt und zitiert.

Zwischen Eisbahnen und Klippen

Nicht alle Abenteuer finden in der Stratosphäre statt. Red Bull zeigt, dass Energie viele Gesichter hat. Beim Red Bull Crashed Ice rasen Athlet:innen auf Schlittschuhen durch Eisparcours, bei Red Bull Rampage springen Mountainbiker über Klippen, die kein vernünftiger Mensch freiwillig anfahren würde. Diese Events sind nicht nur Wettkämpfe, sondern gehen um das Erzählen: über Mut, Kontrolle und das Spiel mit der Grenze zwischen Wagnis und Wahnsinn. 

Energie im Pixel-Format

Von der Halfpipe zum Headset – auch im digitalen Raum kennt Red Bull keine Pause und hat früh erkannt, dass Energie nicht nur auf der Piste, sondern auch auf dem Bildschirm entsteht. Die Marke organisiert Turniere, fördert Profi-Gamer:innen und stattet Events mit der gleichen Leidenschaft aus wie Extremsport-Wettkämpfe. Der rote Bulle taucht dort auf, wo Konzentration, Reaktion und Ausdauer gefragt sind – nur eben in einem digitalen Raum.

Vom Publikum zur Hauptrolle: Wenn Red Bull dich selbst auf die Bühne holt

Nicht jede:r will aus der Stratosphäre springen oder mit dem Mountainbike Klippen hinunterfahren. Zum Glück hat Red Bull das auch längst verstanden. Neben den spektakulären Profievents gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Formaten, bei denen auch Normalsterbliche ans Limit gehen können – auf ihre ganz eigene Weise. Sei es beim Red Bull Tandem Splash, wo du dich auf selbstgebauten Fluggeräten in eiskalte Gewässer katapultierst, oder beim Red Bull Tetris, wo Geschick, Timing und Nerven aus Stahl gefragt sind. Die Marke macht aus Zuschauer:innen plötzlich Hauptdarsteller:innen. Diese Events funktionieren nach einem einfachen, aber genialen Prinzip: weniger Leistungsdruck, mehr Spass. Es geht nicht um Medaillen, sondern um Kreativität, Mut und eine gute Portion Selbstironie. Man lacht, stolpert, fliegt – manchmal ins Wasser, manchmal in die Social-Media-Feeds.

Kalte Dosen, heisse Begehrlichkeiten: Warum wir auf Limitierung fliegen

Kaum ein Produkt schafft es, Begehrlichkeit so gezielt zu wecken wie eine Limited Edition. Red Bull hat daraus ein Ritual gemacht. Jede neue Edition kommt mit eigener Farbe, eigenem Geschmack und eigener Stimmung. «Summer Edition», «Tropical», «Gletschereis» – sie sind nicht nur Getränke, sondern kleine Sammelobjekte, fast schon saisonale Artefakte. 

Psychologisch ist das genial. Das Wort «limitiert» löst sofort FOMO aus – das Gefühl, man könnte etwas verpassen. Während andere Marken ihre Kund:innen mit Rabattaktionen ködern, bringt Red Bull eine neue Dose heraus, die aussieht wie ein Kunstobjekt. Dabei geht es gar nicht nur ums Sammeln, sondern ums Zeigen. Die Dosen sind stylisch, farblich abgestimmt, perfekt für Social Media. Eine Art Popkultur zum Trinken – flüssiges Branding mit persönlicher Note. Jede Edition steht für eine Stimmung, ein Lebensgefühl, ein Kapitel im nie endenden Abenteuer. 

Zwischen Höhenflug und Bodenhaftung

All das macht Red Bull so schwer greifbar und doch so faszinierend. Man kann Red Bull sehen, hören und erleben. Selbst wenn man keinen Schluck trinkt, bleibt die Marke in Erinnerung. Red Bull hat gezeigt, dass Marken mehr können, als Produkte zu verkaufen: Sie können Geschichten erzählen, Kultur prägen und manchmal sogar Menschen fliegen lassen.

Das neueste Kapitel? Liegt tiefgefroren im ewigen Eis und wartet nur darauf, aufgetaut zu werden. 😉

Quelle Titelbild: Unsplash | Jesper Brouwers