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Spam: Der Urknall im Postfach

16.07.2025

Es gibt wohl niemanden, der noch nie genervt eine Spam-Mail gelöscht hat. Ob dubiose Gewinnversprechen, angebliche Erbschaften aus fernen Ländern oder unverschämte Werbung – Spam ist längst ein fester Bestandteil unseres digitalen Alltags. Doch nur wenige wissen, dass diese Plage einen ganz bestimmten Anfang nahm und einen ziemlich kuriosen Namensursprung hat.

Von Dosenfleisch zu digitalen Massenmails

Der Begriff «Spam» hat ursprünglich kulinarische Wurzeln: Er steht für eine Marke von gewürztem Dosenfleisch, eine Abkürzung für «Spiced Ham», die 1937 in den USA auf den Markt kam. Während des Zweiten Weltkriegs wurde Spam so häufig als Lebensmittelration verwendet, dass es bald als Synonym für etwas Überflüssiges oder Aufdringliches galt. 

Berühmt wurde der Name jedoch vor allem durch die britische Comedytruppe Monty Python. In einem ihrer Sketche aus dem Jahr 1970 wiederholt eine Gruppe Wikinger so penetrant das Wort «Spam», dass es alles andere übertönt. Dies wurde zu einem Sinnbild für unerwünschte Botschaften. Genau deshalb übertrug sich der Begriff später auf digitale Nachrichten, die unerwünscht in unser Postfach drängen.

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Spam: Ursprünglich gewürztes Dosenfleisch – später Namensgeber für digitale Massenmails. Quelle: Adobe Stock | 1439106141

Die erste Spam-Mail der Welt

Die Geschichte des digitalen Spams begann im Jahr 1978, als Gary Thuerk als Marketing-Mitarbeiter bei der amerikanischen Computerfirma DEC arbeitete. Er hatte eine für die damalige Zeit revolutionäre Idee: Anstatt jeden potenziellen Kunden einzeln anzuschreiben, verschickte er eine einzige E-Mail an 400 Empfänger:innen im ARPANET, dem Vorläufer des Internets. In dieser warb er für eine neue Computer-Hardware seines Unternehmens. 

Was Thuerk damals nicht ahnte: Mit seiner Nachricht schrieb er ein Stück Internet-Geschichte. Seine Nachricht gilt als die erste Spam-Mail überhaupt. Schon damals reagierten viele Empfänger:innen verärgert, da die E-Mail unerwünscht in ihren Postfächern gelandet war. Auch die Administrator:innen des ARPANET waren wenig begeistert. Doch das Prinzip der Massenmail war geboren und liess sich von da an nicht mehr aufhalten. 

Die ersten Wellen der Spam-Flut

Nach diesem ersten Versuch dauerte es nicht lange, bis andere das Potenzial erkannten. Besonders mit der wachsenden Verbreitung des Internets in den 1990er-Jahren nahm auch der Spam immer mehr zu. Ein berühmt-berüchtigter Vorfall ereignete sich 1994, als die beiden US-Anwälte Laurence Canter und Martha Siegel massenhaft Werbung für Green-Card-Dienste über das Usenet, ein damals populäres Netzwerk für Diskussionen, verschickten. Die Internet-Community reagierte empört und wehrte sich mit sogenannten «Cancel»-Nachrichten, doch die Lawine war längst ins Rollen geraten. 

Spam auf allen Kanälen

Mit dem Aufstieg des World Wide Web, von E-Mail-Diensten und sozialen Netzwerken nahm die Flut an Spam-Nachrichten immer grössere Ausmasse an. Anfangs handelte es sich dabei meist um simple Werbebotschaften, doch bald kamen betrügerische Inhalte hinzu. Die Palette reicht heute von harmlosen Werbetexten über Phishing-Versuche, bei denen Kriminelle sensible Daten abgreifen wollen, bis hin zu angeblichen Millionenerbschaften oder dubiosen Krypto-Investments. 

Auch auf anderen Kanälen blieb Spam nicht aus. In den 2000er-Jahren weitete sich das Phänomen auf SMS aus. Inzwischen sind auch Blogs, Kommentarspalten, Messenger-Dienste und soziale Netzwerke beliebte Spielwiesen für Spammer. 

Das Ausmass der Spam-Flut

Die Dimensionen von Spam sind heute gigantisch. Seit Beginn der 2000er-Jahre machen Spam-Mails oft mehr als die Hälfte des weltweiten E-Mail-Verkehrs aus. Im Jahr 2010 wurden weltweit rund 107 Billionen E-Mails verschickt, ein riesiger Teil davon war Spam. Trotz immer besserer Spamfilter und technischer Schutzmechanismen bleibt die Flut bestehen, denn das Geschäftsmodell ist lukrativ: Selbst wenn nur ein winziger Bruchteil der Empfänger:innen auf Spam-Nachrichten reagiert, erzielen die Absender:innen Gewinne. 

Bill Gates und der Traum vom Ende des Spams

Auch grosse Köpfe der Technologiebranche glaubten lange, dieses Problem bald in den Griff zu bekommen. So verkündete Bill Gates im Jahr 2004 optimistisch: «Das Spam-Problem wird in zwei Jahren Geschichte sein.» Doch dieser Traum hat sich bis heute nicht erfüllt. Die Spammer werden immer raffinierter, ihre Inhalte immer professioneller – und das Geschäft bleibt lukrativ. 

Warum wir wohl nie ganz ohne Spam leben werden

Selbst mit Spamfiltern, blockierten Absendern und polizeilichen Ermittlungen wird Spam wohl niemals vollständig verschwinden. Die digitale Welt bleibt ein Tummelplatz für all jene, die mit wenig Aufwand viele Menschen erreichen wollen – sei es aus geschäftlichem Interesse oder mit kriminellen Absichten. 

Vielleicht wird Bill Gates’ Prophezeiung ja doch noch wahr. Bis dahin bleibt uns nur, wachsam zu bleiben, unsere Postfächer regelmässig zu entrümpeln und gegenüber allzu verlockenden Nachrichten stets misstrauisch zu sein.

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Vorsicht ist besser als Nachsicht – vor allem bei überraschenden Nachrichten im Postfach. Quelle: Adobe Stock | 203827738
Selin Emek

Redaktorin / Content Marketing Manager

Mit einer Leidenschaft für Kreativität, Reisen, Fotografie und das ständige Erweitern meines Wissens, gehe ich voller Neugier durchs Leben. Wo ich meine Kreativität ausleben kann, fühle ich mich am wohlsten. Wenn ich nicht gerade die Welt erkunde, besondere Momente festhalte oder Neues lerne, liebe ich es, die Natur zu geniessen, mich in gemütlichen Cafés zu entspannen oder meine künstlerische Ader bei meinem nächsten Acrylgemälde auszuleben.

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