
Macht Schach schlauer?
Für die Denksportler unter uns ist Schach weit mehr als nur ein Spiel – es ist ein Hochleistungssport für die grauen Zellen, ein Duell der Köpfe, ein strategisches Kräftemessen, bei dem jeder Zug zählt und jeder Patzer den Sieg kosten kann. Wer sich einmal darauf eingelassen hat, weiss: Zwischen Springer und Läufer, Mattdrohung und Bauernopfer entfaltet sich eine faszinierende Welt aus Logik, Voraussicht und mentaler Ausdauer. Schach ist und bleibt ein Spiel der klugen Köpfe, keine Frage… doch was, wenn es sich nicht nur an die Schlauen richtet, sondern auch schlauer macht?
Schachspielen fühlt sich ein wenig so an, als würden wir eine mathematische Gleichung lösen. Unser Geist arbeitet auf Hochtouren, spürbar, während alles andere in den Hintergrund rückt. Da liegt der Gedanke nicht fern, dass sich das Spiel positiv auf unsere kognitive Leistungsfähigkeit auswirken könnte. Macht Schach jedoch tatsächlich klüger? Und wenn ja, inwiefern?
Gehen wir der Sache mal auf den Grund.
Zug um Zug kognitive Fähigkeiten trainieren
Schach ist für den wachen Geist bestimmt, so viel steht fest. Während eines Schachspiels trainieren wir ganz nebenbei…
- Strategisches Denken: Beim Schachspielen musst du Muster erkennen, vorausplanen und komplexe Situationen in ihre Teilschritte zerlegen sowie analysieren.
- Problemlösungsvermögen: Während der Partie konfrontiert dich dein Gegenüber mit verschiedenen Problemen, die es zu lösen gilt.
- Gedächtnis: Indem du dir Eröffnungen, Strategien und Muster einprägst, trainierst du dein Langzeitgedächtnis. Gleichzeitig wird bei jeder Partie dein Arbeitsgedächtnis gefordert – immerhin entwickelst du deine Taktik basierend auf den Figurenstellungen und der mutmasslichen Strategie deiner Gegnerin oder deines Gegners.
- Konzentration: Um siegreich hervorgehen zu können, musst du dich voll und ganz auf die Schachpartie konzentrieren. Dafür bleibst du über das gesamte Spiel hinweg aufmerksam und blendest störende Reize aus.
… und genau diese Fähigkeiten gehören zu den Grundpfeilern kognitiver Intelligenz.
Was sagen Studien dazu: Schach oder Matt?
Da ist es doch nur naheliegend, dass Schach schlauer macht, nicht wahr? Tatsächlich deuten zahlreiche Studien darauf hin, doch der Effekt soll nur geringfügig sein. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2016 umfasst 24 Studien mit über 5'200 jugendlichen Testpersonen und untersucht auf empirischer Grundlage die Vorteile des Schachunterrichts in Bezug auf akademische und kognitive Fähigkeiten. Laut der Analyse ist der Gesamteffekt bescheiden; über 50 % der alternativen Bildungsmassnahmen sollen bessere Ergebnisse als Schach erzielen. Darüber hinaus weist die Meta-Analyse darauf hin, dass keine der Studien ein ideales Untersuchungsmuster aufweist und ein Placebo-Effekt daher nicht auszuschliessen ist.
Wir halten also fest: Macht Schach schlauer? Ein bisschen. Werden wir dadurch automatisch zur Intelligenzbestie? Wohl eher nicht.
Ein Schachmatt gegen Demenz?
Da Schach das Gehirn intensiv fordert, stellt sich unweigerlich die Frage, ob es zur Vorbeugung von Demenz beitragen kann. Die Schlussfolgerung scheint logisch, wird jedoch von keinerlei experimentellen Studien eindeutig gestützt. Eine Scoping Review aus 2019 nahm 21 themenverwandte Artikel unter die Lupe und kam zum Schluss, dass Schach zwar aufgrund der kognitiven Vorteile indirekt als Schutzfaktor angesehen wird, die Beweislast jedoch nicht ausreicht: Dafür bräuchte es mehr Studien.
Eine Studie aus dem Jahr 2023 untersuchte die Bereicherung des Lebensstils im späteren Leben und dessen Zusammenhang mit dem Demenzrisiko. Es handelt sich dabei um eine Kohortenstudie, in der 10'318 Teilnehmende mit einem Medianalter von rund 74 Jahren über zehn Jahre hinweg beobachtet wurden. Die Forschenden erfassten den Lebensstil der Teilnehmenden und führten statistische Analysen im Zusammenhang mit dem späteren Demenzrisiko durch. Das Ergebnis: Eine regelmässige Teilnahme an geistigen Aktivitäten wie Schach, Kartenspielen und Kreuzworträtseln ging mit einer Verringerung des Demenzrisikos um 9 % einher.
Die Chancen stehen also gut, dass wir unser Demenzrisiko mit dem Schachspielen senken – gänzlich aus der Welt schaffen können wir es jedoch leider nicht.
Jetzt bist du am Zug
Schach mag dir den Weg zum Superhirn zwar nicht ebnen, hält deinen Verstand jedoch stets auf Trab und wird sich mit Sicherheit nie zu schade dafür sein, dich vor neue Herausforderungen zu stellen. 64 Felder, 32 Figuren und eine nahezu unendliche Anzahl an kniffligen Aufgaben – ein wahres Festmahl für den hungrigen Geist. Das Schachbrett mag von aussen klein erscheinen, bietet jedoch ein Universum voller Möglichkeiten und verbindet Menschen auf der ganzen Welt. Und nun sag: Wie steht es um deinen nächsten Zug?
News aus der Schach-Community: Magnus gegen die Welt
Am 4. April 2025 begann die bislang grösste Online-Schachpartie der Geschichte: Magnus Carlsen trat gegen die gesamte Welt an. Über 143'000 Schachspieler:innen nahmen die Herausforderung an und entschieden gemeinschaftlich über jeden Zug – per Abstimmung. Beide Seiten hatten jeweils 24 Stunden Bedenkzeit pro Zug, und nach 32 Zügen endete die Partie im Remis. Ist deine Neugierde geweckt? Hier erfährst du mehr darüber.
Quelle Titelbild: Unsplash | Tahir osman
Content Marketing Managerin
Wenn ich mal nicht gerade damit beschäftigt bin, meiner literarisch-kreativen Ader freien Lauf zu lassen, stecke ich höchstwahrscheinlich in einem Netflix-Marathon fest («Nur noch eine Folge!»), unterhalte ich mich angeregt über die verschiedensten Themen, lese ein gutes Buch oder fordere mich selbst mit einem neuen Hobby heraus. Meine Wissbegierde kennt keine Grenzen, und hier habe ich die Möglichkeit, sie auszuleben und mit anderen zu teilen.
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