
Ich brauch’s nicht. Ich will’s nicht. Aber: Es ist gratis.
Ob im Supermarkt, auf Messen oder im Netz, sobald irgendwo «gratis» steht, werden wir schwach. Plötzlich greifen wir zu, als hätten wir genau auf diesen Kugelschreiber, diese Stofftasche oder dieses neue Online-Tool gewartet. Doch warum ist das so? Und wie schaffen wir es, nicht jedes Mal in die Kostenlos-Falle zu tappen?
Evolutionsbiologischer Hintergrund
Schon unsere Vorfahren waren darauf angewiesen, jede Gelegenheit zu nutzen, um Vorräte anzulegen. Dieser Urinstinkt lebt bis heute in uns weiter: Wir nehmen meist alles mit, was nichts kostet – ganz gleich, ob Kugelschreiber, Notizblock oder Teebeutel. Dahinter steckt das Gefühl: «Wenn es da ist und nichts kostet, dann schnapp ich zu!» In der modernen Welt manifestiert sich das in Gratisproben, Werbegeschenken und Gratis-Tools, obwohl wir sie meist gar nicht wirklich brauchen.
Warum «gratis» so verlockend ist
Studien zeigen, dass wir emotional und impulsiv reagieren, sobald wir hören oder lesen, dass etwas kostenlos ist. Ein Produkt für einen Franken? Da überlegen wir noch. Bei null Franken hingegen drückt unser Gehirn sofort auf «Zugreifen», als hätten wir einen Schatz entdeckt. «Kostenlos» fühlt sich nicht nur günstig, sondern auch risikolos an: kein Geldverlust, keine Reue. Selbst kleine Kosten, wie etwa die Angabe der E-Mail-Adresse oder die Ansicht eines kurzen Werbe-Clips, nehmen wir gerne in Kauf, weil wir das Gefühl haben, nichts falsch machen zu können.
Illustriert durch Dan Ariely
Ein eindrückliches Experiment verdeutlicht diesen Effekt: Die Versuchspersonen konnten zwischen einer hochwertigen Lindt-Schokolade für 15 Rappen und einer einfachen No-Name-Schokolade für einen Rappen wählen. Die meisten entschieden sich für Lindt. Anschliessend wurde der Preis beider Produkte um je einen Rappen gesenkt: Lindt für 14 Rappen und die No-Name-Schokolade gratis. Plötzlich griffen fast alle zur kostenlosen Schokolade, obwohl sie objektiv schlechter war. Dieses Ergebnis zeigt eindrücklich, wie stark «gratis» unser rationales Denken beeinflusst.
Gratis als Marketingstrategie
Unternehmen wissen um diese Wirkung: Ein kostenloses Give-away ist wie eine Einladung zum Dialog. Wer hat nicht schon seine E-Mail-Adresse hinterlassen oder sich für einen Kundenclub angemeldet, um einen Gratis-Kaffee zu erhalten? Selbst eine Mini-Packung Gummibärchen erzeugt das Gefühl, gesehen und beschenkt zu werden. Solche Aktionen bauen Sympathie und Vertrauen auf und führen im besten Fall dazu, dass wir später doch noch etwas kaufen.
Was nehmen wir mit?
Gratis ist mächtig. Es spricht unsere Instinkte an, überlistet unseren Verstand und sorgt für ein kurzfristig gutes Gefühl. Wenn du das nächste Mal mit einem kostenlosen Schlüsselanhänger und einer Gratisprobe nach Hause gehst, frage dich: Wollte ich das wirklich? Oder wollte ich nur das Gefühl, etwas umsonst bekommen zu haben? Die ehrliche Antwort ist meistens die zweite. Und genau das ist der Trick: Nicht jedes Gratis-Angebot lohnt sich, aber unser Gehirn redet uns häufig ein, das Gegenteil sei der Fall.
Tipps, um nicht in die Kostenlos-Falle zu tappen
- Bewusst kurz innehalten: Wenn du ein Gratis-Angebot siehst, nimm dir einen Moment Zeit, um zu überlegen, ob du es wirklich brauchst.
- Frage nach dem Nutzen: Werde dir klar, welchen konkreten Vorteil dir das kostenlose Produkt bzw. die kostenlose Dienstleistung bringt.
- Kosten versteckt hinterfragen: Erinnere dich an mögliche «Kosten» (Zeit, Datenweitergabe, spätere Werbung). Manchmal sind diese höher als der gefühlte Nutzen.
- Alternative prüfen: Oft hilft es, sich bewusst zu machen, dass man dasselbe Geld für etwas ausgeben könnte, das man wirklich braucht oder langfristig nutzt.
Quelle Titelbild: Adobe Stock | 108440746
Redaktorin / Content Marketing Manager
Mit einer Leidenschaft für Kreativität, Reisen, Fotografie und das ständige Erweitern meines Wissens, gehe ich voller Neugier durchs Leben. Wo ich meine Kreativität ausleben kann, fühle ich mich am wohlsten. Wenn ich nicht gerade die Welt erkunde, besondere Momente festhalte oder Neues lerne, liebe ich es, die Natur zu geniessen, mich in gemütlichen Cafés zu entspannen oder meine künstlerische Ader bei meinem nächsten Acrylgemälde auszuleben.
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