
«Ich kann alles ein bisschen, aber nichts wirklich gut.»
Zeichnen? Klingt fantastisch. Aber da ist ja noch dieser Bücherstapel, der dir schon seit Wochen vernichtende Blicke zuwirft. Und ausgerechnet heute herrscht das perfekte Wanderwetter. Ausserdem steht der Volleyballverein an, und das erste Kapitel deines Romans liegt auch noch halbfertig herum. Vielleicht einfach ein bisschen Französisch lernen? Oder gleich Spanisch. Oder Italienisch. Oder Chinesisch. Oder – ach, warum nicht gleich alle? Aber theoretisch könntest du dich auch endlich wieder vor das Klavier setzen. Oder Gitarrenspielen lernen. Oder doch lieber Geige?
Das Phänomen der zu vielen Hobbys
Gehörst du auch zu diesen Personen, die sich einfach nicht auf eine Freizeitaktivität festlegen können? Mal wollen sie sich in Kunst versuchen, mal an einer Kampfsportart – nicht selten mit der Absicht, diesmal wirklich dranzubleiben und Expertise zu entwickeln. Doch sie bleiben multipassioniert; sobald sie etwas anfangen, zieht es sie nach kurzer Zeit bereits woanders hin. Auf manche wirken sie sprunghaft, nahezu unentschlossen. Andere wiederum bewundern ihre Neugierde samt ihren breit gefächerten Interessen. Schaffen sie es mal, sich auf einen Bereich zu beschränken, kosten sie alles aus, was dieser zu bieten hat: Wieso nur zeichnen, wenn auch Skulpturen unter Kunst fallen? Wieso aufs Klavierspielen beschränken, wenn auch Geige ginge? Wieso nur Französisch lernen, wenn Duolingo über 40 Sprachen listet?
Wenn du dich darin wiedererkennst, dann ist dieser Beitrag für dich.
Multipassion: Fluch oder Segen?
Keine Sorge, damit bist du nicht allein – und generell ist das nichts, worüber du dir Gedanken machen müsstest. Der Druck kommt von aussen. Spezialisierung wird in der Gesellschaft hoch angepriesen, und tiefe Kenntnisse werden breiten oft vorgezogen. Dabei steht das eine dem anderen in nichts nach: An einem Ufer entsteht tiefgehende Expertise, am anderen dafür eine nahezu grenzenlose Flexibilität. Beides hat seinen Platz auf dieser Welt. Es gibt kein richtig oder falsch, kein besser oder schlechter. Genauso wie es weder Fluch noch Segen ist.
Indem du dich an vielen verschiedenen Aktivitäten versuchst, sammelst du wertvolle Erfahrungen und entwickelst dich persönlich weiter. Lass dich also nicht verunsichern. Ausserdem: Bei Hobbys geht es immer um die Freude am Prozess, nicht um das Ergebnis.
Aber um ein bisschen fundierter an die Sache heranzugehen, sehen wir uns das jetzt mal aus der wissenschaftlichen Perspektive an.
Studien zeigen: Mehrere Hobbys könnten zur Gesundheit beitragen
Ob und wie vielen Hobbys nachgegangen wird, kann durchaus einen Unterschied machen: Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2023 kam beispielsweise zum Schluss, dass Hobbys bei Erwachsenen ab 65 Jahren neben anderem mit besserer psychischer Gesundheit und höherer Lebenserwartung in Verbindung stehen. Eine Studie aus dem Jahr 2022 ging einen Schritt weiter und untersuchte die Auswirkung der Anzahl an Hobbys auf das Demenzrisiko. Testpersonen mit «zahlreichen Hobbys» waren um 22 % weniger demenzgefährdet als Testpersonen «ohne Hobbys», und ca. 5 % weniger als Personen mit «einem Hobby».
Deine Bandbreite an Hobbys könnte also vielleicht sogar einen gesundheitlichen Vorteil darstellen.
Und das gilt nicht nur für ältere Personen. Eine Studie aus dem Jahr 2009 zeigt, dass regelmässige, angenehme Freizeitaktivitäten unter anderem mit niedrigerem Blutdruck und reduzierten Gesamtcortisolwerten einhergehen. In der Einleitung zur Studie wird explizit in dem Raum gestellt: Menschen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Freizeitaktivitäten könnten sowohl körperlich als auch psychisch gesünder sein.
Sinn ergeben würde es auf jeden Fall; schliesslich trainierst du durch verschiedene Aktivitäten unterschiedliche Hirnareale und Muskeln. Womöglich sogar ohne den lähmenden Perfektionsdrang, der so manche spezialisierte Person gerne heimsucht.
Gibt es überhaupt ein «zu viel»?
«Zu viel» ist es erst, wenn du es so empfindest. Mögliche Anzeichen könnten sein, dass du dich überfordert fühlst oder – geplagt von der grossen Auswahl – doch lieber nichts unternimmst. Erst dann wird Multipassion zum Fluch. In solchen Zeiten ist es wichtig, Prioritäten zu setzen und gut zu planen. Im Fall der Fälle kehrst du einfach zu deinem Komfort-Hobby zurück; denn wahrscheinlich hast auch du eine Konstante, die dich auffängt und dir Halt gibt. Eine Aktivität, die sich wie ein roter Faden durch dein Leben zieht, trotz den ganzen Experimenten drum herum. Etwas, das sich immer irgendwie in deinen Zeitplan mogelt, und sei es nur lesen oder Netflix.
Ähnlich wie wenn spezialisierte Menschen auf andere Hobbys ausweichen oder neue Bereiche erkunden, sobald sie etwas Abwechslung brauchen. Das ist dasselbe, nur in umgekehrter Weise.
Tue das, wonach dir der Sinn steht
Am Ende zählt nur, dass du tust, was dich erfüllt. Ohne schlechtes Gewissen und ohne starren Plan. Deine Vielfalt ist kein Makel, sondern eine Stärke, die dich flexibel, neugierig und lebendig hält. Lass dich treiben, probiere aus, verliere dich in neuen Erfahrungen und entdecke dabei zahlreiche neue Facetten an dir. Perfektion ist nicht das Ziel, Freude am Tun schon. Also greif zu Pinsel, Buch, Geige oder Wanderstiefeln – und tu genau das, was dich gerade glücklich macht.
Quelle Titelbild: Unsplash | Karina Syrotiuk
Content Marketing Managerin
Wenn ich mal nicht gerade damit beschäftigt bin, meiner literarisch-kreativen Ader freien Lauf zu lassen, stecke ich höchstwahrscheinlich in einem Netflix-Marathon fest («Nur noch eine Folge!»), unterhalte ich mich angeregt über die verschiedensten Themen, lese ein gutes Buch oder fordere mich selbst mit einem neuen Hobby heraus. Meine Wissbegierde kennt keine Grenzen, und hier habe ich die Möglichkeit, sie auszuleben und mit anderen zu teilen.
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