
Einmal kurz um den See – Unterwegs mit einem Wandermuffel
Wandern – es ist das Hobby der Nation, fast schon eine Schweizer Pflichtübung. Aber was, wenn man eigentlich nur kurz raus will – nicht zu weit und nicht zu hoch? Dieser Beitrag ist für dich, wenn du auf Komoot nach der Option «Rundweg unter 1 km, ohne Anstieg, mit Picknickbank» suchst: Willkommen im Club der gemütlichen Spazierfreunde. Keine Monstermärsche, keine Gipfelkreuze, dafür Thermosflaschen und Ausreden, die so gut sind, dass man sie fast glauben könnte.
Bitte einmal Wandern light mit Glace
Zuerst einmal vorneweg: Ich bin gerne draussen. Wirklich. Ich liebe die Natur, frische Luft, die Aussicht auf einen Wasserfall oder eine hübsche Feuerstelle. Ich mag es, wenn es grün und ruhig ist. Aber: Ich brauche keine vierstündigen Märsche durchs Gebirge, keine Gratwanderungen, bei denen man das Gefühl hat, man hätte sich versehentlich in einer Bergsteig-Doku verirrt. Einmal gemütlich um den See, ein kurzer, gerader Weg durch den Wald oder höchstens vom Gondeli bis zur Mittelstation – das reicht. Mehr brauche ich nicht.
Vielleicht noch eine feine Glace oder ein Aperöli im Bergrestaurant...
Wie du der Wanderung entkommst, bevor sie überhaupt beginnt
Vor allem Familienmitglieder oder Freunde versuchen, Wandermuffel immer wieder auf ihre Seite zu ziehen und sie zu stundenlangen Fussmärschen zu überreden. Es braucht also einen Plan, damit man nicht plötzlich auf einem Fünfstünder landet. 😉
Hier ein paar bewährte Methoden:
1. Das Wetter-Orakel
Die App sagt 22 Grad und Sonne? Sag einfach: «Sieht schwer nach Gewitter aus. Auf dem Radar sieht man um 15.30 Uhr eine Wolke, das könnte kritisch werden.» Auch die Bodenbeschaffenheit kann man im Notfall zum Thema machen: «Nach dem Regen von letzter Woche könnte es rutschig sein. Vielleicht besser, wenn wir nur bis zum Restaurant gehen.»
2. Strategische Schuhwahl
Zieh zwar Outdoor-Schuhe an, aber die falschen. Du hast verschiedene Möglichkeiten:
Zu neu: «Ich habe ganz vergessen, dass die neu sind, ich muss sie zuerst einlaufen. Ich kann also heute nicht zu weit marschieren.»
Zu alt: «Oh! Die Sohle löst sich bereits ab. Ich hätte schwören können, dass die heute noch halten. Schade, heute reicht's wohl nur für die kurze Strecke.»
Zu klein: «Meine Füsse müssen wohl gewachsen sein oder sie sind etwas aufgeschwollen.» Dabei kannst du auch gut den Hormonen, den Wechseljahren oder sogar beidem die Schuld geben...
3. Die Kinderkarte
Hast du Kinder, dann nutze sie. Immer und am besten als Ausrede: «Wir wollen es nicht übertreiben. Die Kleinen sollen ja noch Freude am Wandern haben.»
4. Die Pollenpanik
Einfach mehrmals sehr laut niesen, in den Augen reiben und mit krächzender Stimme sagen: «Ich habe das Gefühl, dass die Pollen heute besonders aggressiv sind. Ich kann heute nur die kurze Runde machen.»
5. Die Phantom-Verletzung
«Ich habe diese Nacht blöd geschlafen, mein Nacken ist ganz steif und mein Knie zwickt. Wenn ich es heute übertreibe, liege ich morgen flach.» Je nach Bedarf kannst du auch noch den unteren Rücken ins Spiel bringen. Man sieht zwar nix, aber alle nicken verständnisvoll.
6. Die mentale Müdigkeit
«Ich fühle mich heute mental einfach nicht bereit für grosse Sprünge, eine lange Wanderung und viele Höhenmeter. Ich spüre, dass mein Energiehaushalt heute auf Sparflamme läuft.» Klingt nach Achtsamkeit, heisst aber eigentlich: Ich habe einfach keine Lust...
Was wirklich zählt: die Belohnung
Egal ob du 500 Höhenmeter gemacht hast oder nur zehn Minuten um das kleine Moor-Seeli flaniert bist – das Schönste an einer Wanderung ist natürlich das, was danach kommt: die Belohnung.
Ein feines Znüni, ein Baileys-Kafi mit Rahm und Aussicht oder eine Glace, die du dir natürlich verdient hast. Denn echte Wanderprofis wissen: Nicht der Weg ist das Ziel. Das Ziel ist das Ziel. Und zwar möglichst bequem erreichbar. Idealerweise mit Käseplättli, einer leckeren Suppe, einem Racelette und einem Gläschen zu trinken...
Also lass dir von einem Wandermuffel alles nochmals kurz zusammenfassen:
Du musst nicht jeden Grat entlang kraxeln oder auf den höchsten Gipfel klettern. Vielleicht bist du so wie ich einfach der Typ: «Wandern mit Stil.» Du bist da für die gute Luft, die Ruhe und die Aussicht (vom Restaurantbalkon). Du bist der Wandervogel, der nur ein bisschen herumhüpft ohne die ganz grossen Sprünge zu machen. Und das ist völlig okay.
Einfach mal loslaufen – und rechtzeitig wieder umdrehen.
Auch das ist Wandern.
(Quelle Titelbild: Kathrin Buholzer I Brack.Alltron)
Redaktorin, Bloggerin, zuständig für Familienthemen
Eltern-Bloggerin I Mom von 2 erwachsenen Töchtern I Open Air Fan I Bernerin I Rollerskaterin I Testet sehr gerne Wellnesshotels, Haushalts- und Kosmetikgeräte
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