
Zwischen Kritik und Kult: Der unwiderstehliche Charme von «Emily in Paris»
«Emily in Paris» gehört zu den erfolgreichsten und meistdiskutierten Serien der letzten Jahre. Die einen feiern die schrillen Outfits und die Leichtigkeit der Show, die anderen schütteln nur den Kopf über die überzeichneten Charaktere und klischeehafte Darstellung von Paris. Ob man die Serie nun liebt oder hasst – an ihr vorbeizukommen, ist fast unmöglich. Eine Spurensuche zwischen Hype, Kritik und dem unwiderstehlichen Charme der Serie.
Kurz und knapp
- «Emily in Paris» entwickelte sich vom Streaming-Hit zum popkulturellen Phänomen.
- Paris ist dabei nicht nur Kulisse, sondern Sehnsuchtsort – mit realem Einfluss auf den Tourismus.
- Emilys exzentrische Outfits sorgen für Diskussionen und setzen Trends.
- Der Hype um die Serie lebt einerseits von ihrer Leichtigkeit, andererseits von den hitzigen Debatten, die sie auslöst.
Ich selbst kannte die Serie lange vor allem aus meinem Social-Media-Feed: exzentrische Outfits, eine Stadt zum Träumen und endlose Debatten darüber, ob die Serie nun Kult oder Cringe ist. Als bekennender Fan von romantischen Komödien war ich neugierig. Könnte mich diese bunte Seifenblase doch in ihren Bann ziehen? Also machte ich es mir auf dem Sofa bequem und startete die erste Folge. Und dann die zweite. Und dann die dritte.
Vom Streaming-Hit zum kulturellen Phänomen
Die Serie erzählt die Geschichte von Emily Cooper, einer ambitionierten Marketingexpertin aus Chicago, die für ihren Job nach Paris zieht – ein Traum, den wohl viele haben, aber nur wenige so makellos inszeniert erleben wie sie. Ihr Auftrag: Einen frischen, amerikanischen Blick in eine französische Marketingagentur bringen. Was folgt, ist ein Abenteuer kultureller Fettnäpfchen, romantischer Eskapaden und unerwarteter Lacher – und genau diese Mischung hat Millionen Menschen weltweit in ihren Bann gezogen.
Bereits kurz nach dem Start im Oktober 2020 gehörte die romantische Comedyserie zu den meistgestreamten Shows. Innerhalb eines Monats sahen laut Netflix 58 Millionen Haushalte die erste Staffel. Die zweite Staffel toppte dann alles und war 2022 die meistgesehene Netflix-Serie des Jahres. Spätestens da war klar: «Emily in Paris» ist nicht mehr nur eine Serie – sie ist ein kulturelles Phänomen.
Der «Emily-Effekt»: Set-Jetting und Karriereboom
Paris ist in der Serie weit mehr als nur Kulisse – die Stadt spielt eine Hauptrolle. Wenn unsere Serienheldin über die «schönste Strasse Paris» flaniert oder im legendären Café de Flore ein Glas Wein geniesst, weckt das Sehnsüchte und inspiriert zu Reisen an die Original-Drehorte. Dieses Phänomen nennt sich Filmtourismus (oder neudeutsch: Set-Jetting) – und hat Paris einen regelrechten Tourismusboom beschert.
Doch nicht alle sind davon begeistert: Die lokale Bevölkerung ärgert sich zunehmend über Superfans, die ihre Lieblingsorte belagern, und das oft mit romantisierten Erwartungen im Gepäck. Manche Besucher*innen sind schwer enttäuscht, wenn die Stadt nicht ganz so sauber, romantisch und charmant daherkommt, wie sie in der Serie dargestellt wird.
Der «Emily-Effekt» ist selbst in der Arbeitswelt zu spüren: Seit dem Serienstart ist das Interesse an Marketing-Karrieren stark angestiegen. Ob der Job in Wirklichkeit genauso glamourös und kreativ ist wie in der Serienwelt?
Zwischen Stil-Ikone und Fashion-Fiasko
Nicht nur die romantische Stadt und Emilys glamouröse Marketingkarriere haben die Fans in ihren Bann gezogen, sondern auch die exzentrischen Outfits. Der unkonventionelle Stilmix – kreiert von der legendären «Sex and the City»-Kostümbildnerin Patricia Field und Kostümdesignerin Marylin Fitoussi – spaltet die Modewelt: Von knalligen Berets, über Blusen mit Eiffelturm-Motiv zu schrillen Farbkombis. Emilys Looks sorgen für Diskussionen und setzen Trends – beispielsweise Emilys heissgeliebte «Bucket Hats». Ganze Instagram-Accounts widmen sich ausschliesslich ihren Outfits, und in Fashion-Magazinen werden die besten Looks heiss diskutiert.
Die Verbindung zu «Sex and the City» geht jedoch über die Kostüme hinaus: Hinter beiden Serien steckt «Showrunner» Darren Star. Entsprechend werden regelmässig Vergleiche zwischen den beiden Serien gezogen. Während «Sex and the City» für die pointierte Gesellschaftsanalyse und den scharfen Witz gefeiert wurde, wirkt «Emily in Paris» oft oberflächlich. Doch gerade diese Leichtigkeit dürfte ein wesentlicher Grund für ihren weltweiten Erfolg sein.
Fernseher an, Hirn aus?
Als die Serie im Herbst 2020 startete, steckte die Welt mitten in einer globalen Krise, geprägt von einer Pandemie, politischen Unruhen und Naturkatastrophen – seither kam die Welt kaum zur Ruhe. In diesen unsicheren Zeiten bietet «Emily in Paris» genau das, wonach sich viele sehnen: eine heitere, sorgenfreie Parallelwelt, in der sich jede Herausforderung mit einem stylischem Outfit, einem unbeschwerten Achselzucken oder einem Instagram-Post meistern lässt («Hashtag C'est la vie»).
Doch der Hype um «Emily in Paris» lebt nicht nur von ihrer Leichtigkeit, sondern auch von der hitzigen Debatte, die sie auslöst. Viele schauen die Serie, um sich über die klischeehafte Darstellung von Paris oder Emilys unrealistische Karriere aufzuregen. «Hate-Watching» ist längst ein Streaming-Phänomen: Anschauen, um sich aufzuregen – und dennoch dranbleiben. Aber selbst wer sich über die Hitserie lustig macht, kann sich ihrer Sogwirkung oft nicht entziehen. Ich gebe es zu – auch ich fand die Serie stellenweise nervig und absurd. Trotzdem erwischte ich mich dabei, wie ich Folge um Folge weiterschaute. Denn in einer Welt, in der vieles kompliziert ist, darfst du dich manchmal auch einfach nur berieseln lassen.
Realismus? Non, merci.
Realistisch ist «Emily in Paris» nicht – aber muss sie das überhaupt sein? Schliesslich sind auch viele Actionfilme und Sitcoms fernab jeglicher Realität und machen trotzdem Spass. Oder hat sich jemals jemand ernsthaft gefragt, wie Phoebe, Rachel, Monica, Chandler, Ross und Joey scheinbar endlose Stunden im Café Central Perk verbringen konnten? Eben.
Schauen wir also grosszügig darüber hinweg, dass sich Emily als einfache Marketingangestellte Designerklamotten leisten kann, ihr Instagram auf unerklärliche Weise durch die Decke geht und ihre Probleme auf der Arbeit sich beinahe auf magische Weise lösen lassen. Geniessen wir stattdessen einfach eine charmante, sorgenfreie Pause vom Alltag.
Nach sieben Folgen in zwei Tagen kann ich sagen: Ich verstehe den Hype. «Emily in Paris» ist manchmal absurd, oft unrealistisch, aber immer unterhaltsam. Und jetzt muss ich los – es warten noch viele Folgen voller zuckersüssem Eskapismus auf mich.
Quelle Titelbild: Getty Images / Midjourney 6.1
Content Marketing Manager
Ich liebe es, in andere Welten einzutauchen, sei es durch spannende Geschichten, mit Reisen in ferne Länder und Kulturen oder in meinem eigenen kleinen Garten – ich bin immer auf Entdeckungsreise. Und wenn es Zeit wird, die Seele baumeln zu lassen, findet ihr mich auf der Yogamatte oder mit einem guten Buch in der Hand.
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