
Digital Detox im Selbstversuch: 24 Stunden offline – und ich lebe noch!
Freitagabend, 22 Uhr. Ich nehme mein Handy, zögere, schalte es dann aber doch aus. Kein Abschiedspost, keine Statusmeldung – einfach offline, ganz bewusst. Morgen bleibe ich einen Tag lang komplett ohne WhatsApp, Instagram und TikTok. Plötzlich bin ich wirklich weg. Und jetzt?
Die ersten Minuten in dieser neuen Stille sind ungewohnt. Alles wirkt ein wenig leerer, aber auch ruhiger. Ich frage mich, wie es wohl sein wird, ohne ständige Updates und Benachrichtigungen durch den nächsten Tag zu gehen.
Komm mit – ich nehme dich mit auf mein Experiment: Ein Tag ohne Handy. Wie fühlt sich das an? Was passiert, wenn die ständige Verbindung zur digitalen Welt plötzlich fehlt?
Samstagmorgen, 8:30 Uhr.
Normalerweise weckt mich mein Handy mit einem sanften Klingelton, der spätestens nach dem dritten Schlummern eher nervt als beruhigt. Heute aber wache ich zum ersten Mal seit Langem ohne Wecker auf. Vielleicht hat mein Unterbewusstsein geahnt, dass ich heute auf mein Handy verzichten muss. Als ich die Augen öffne, spüre ich ein seltsames Gefühl, als würde ich etwas verpassen, ohne genau zu wissen, was. Kein grelles Display leuchtet mir ins Gesicht und es warten auch keine Nachrichten auf mich. Mein erster Griff zum Handy bleibt aus. Stattdessen liege ich einfach da und nehme plötzlich Dinge wahr, die sonst im Hintergrund verschwinden: das Zwitschern der Vögel oder das entfernte Brummen eines Autos. Es fühlt sich ungewohnt an, als würde die Welt an mir vorbeiziehen, obwohl ich gar nicht sagen kann, was mir fehlt. Irgendwann stehe ich auf und gehe ins Wohnzimmer. Mir fällt auf, dass ich sonst automatisch mein Handy in die Hand nehme, um kurz durch Nachrichten oder Social Media zu scrollen, bevor der Tag richtig beginnt. Heute bleibt dieser Impuls aus und damit auch die gewohnte Struktur. Für einen Moment fühle ich mich orientierungslos. Also bereite ich mir in aller Ruhe ein Frühstück zu. Ich lasse den Tag einfach beginnen – ohne Eile, ohne Scrollen, ohne Geräuschkulisse von Benachrichtigungen. Der Raum wirkt still, fast ungewohnt ruhig. Doch mit jeder Minute wird mir der Morgen vertrauter. Nicht wie sonst, aber auch nicht schlechter. Einfach anders. Und irgendwie ehrlicher.
Fokus statt Feeds
Nach dem Frühstück setze ich mich an meinen Schreibtisch. Wie so oft um diese Zeit würde ich jetzt wieder endlos durch die Feeds meines Handys scrollen und mich in all den kleinen Ablenkungen verlieren, die es bereithält. Doch heute bleibt das Handy aus. Die Stille ist ungewohnt und der Gedanke, etwas zu verpassen, lässt sich trotzdem nicht ganz abschütteln: Was, wenn ich etwas Wichtiges verpasse? Ich beginne mit meinen To-dos fürs Studium, öffne meine Unterlagen und stelle plötzlich fest, wie viel leichter mir das Arbeiten fällt. Ich lasse mich kaum ablenken und greife nicht ständig zum Handy, um nach neuen Nachrichten zu schauen. Die ständige Versuchung, kurz etwas zu checken, ist einfach nicht da.
Anfangs hatte ich tatsächlich die Sorge, etwas zu verpassen: eine wichtige Nachricht oder eine dringende E-Mail von der Uni. Doch je länger die Stille anhält, desto mehr gewöhne ich mich daran. Die innere Unruhe wird leiser. Irgendwann bleibt nur noch das, was wirklich zählt: meine Aufgaben, Schritt für Schritt, ohne Ablenkung.
Kein Wunder eigentlich, denn laut der JAMES-Studie verbringen Jugendliche und junge Erwachsene in der Schweiz im Schnitt mehrere Stunden täglich mit dem Handy. Bei mir waren es zuletzt fünf Stunden am Tag. Oft habe ich mich gefragt, wo diese Zeit bleibt. Jetzt, ohne ständige Unterbrechungen, merke ich es deutlich: Mein Kopf ist aufgeräumter, mein Fokus schärfer.
Und das ist kein Gefühl. Eine Studie zeigt: Wer sein Handy häufiger nutzt, schneidet bei kognitiven Tests tendenziell schlechter ab – insbesondere bei Aufgaben, die Konzentration und das Arbeitsgedächtnis erfordern. Heute erlebe ich ganz konkret, wie es ist, wirklich bei einer Sache zu bleiben. Wie sich echte Klarheit anfühlt.
Mittag: Bewusst geniessen – ohne Ablenkung
Gegen zwölf Uhr spüre ich, wie meine Energie nachlässt. Der Körper wird schwer, die Gedanken träge. Jetzt wäre wieder der Moment, in dem ich reflexartig zum Handy greifen würde, um mir ein paar Reels anzuschauen, ziellos durch Instagram zu scrollen oder kurz jemandem zu schreiben. Hauptsache irgendetwas, das mich wach hält oder zumindest ablenkt. Stattdessen koche ich mir ein richtiges Mittagessen. Ohne Podcast im Ohr, ohne Bildschirm neben dem Teller. Ich koche, esse und gönne mir eine Pause. Nach dem Essen stellt sich wie bestellt die Mittagsmüdigkeit ein. Und wieder fehlt der gewohnte Griff zum Handy. Kein digitales Wachbleiben, kein Dopamin-Kick aus der Hosentasche. Also lege ich mich hin und schliesse für 15 Minuten die Augen – ganz altmodisch.
Und was soll ich sagen? Es wirkt. Ich bin wacher, klarer, präsenter.
Dass das kein Zufall ist, zeigt auch diese Studie: Schon eine Woche mit reduzierter Bildschirmzeit kann laut Forschenden zu mehr Wohlbefinden, weniger Stress und besserem Schlaf führen. Genau das spüre ich jetzt – und es braucht dafür erstaunlich wenig.
Nach dem Mittagsschlaf: Konzentration statt Kompensation
Nachdem ich einen kurzen Mittagsschlaf gemacht habe, setze ich mich auf den Balkon und beginne an meiner Bachelorarbeit zu schreiben. Ich merke, wie sehr ich mich daran gewöhnt habe, bei jeder kurzen Denkpause oder jedem geschriebenen Absatz zum Handy zu greifen. Als hätte ich mir eingeredet, dass das eine Art Belohnung sei. Dabei ist es das Gegenteil: Es reisst mich heraus, stört den Fluss und gibt nur den Anschein von Entspannung. Stattdessen bleibe ich heute einfach dran. Drei Stunden lang schreibe ich konzentriert, ohne digitale Ablenkung und entscheide anschliessend: Ich gehe ins Fitness. In letzter Zeit hatte ich kaum Zeit für Sport – oder habe sie mir schlicht nicht genommen. Heute hingegen fühlt sich der Tag ungewohnt lang an, beinahe entschleunigt. Eigentlich würde ich meine AirPods mitnehmen und eine motivierende Playlist hören. Aber heute mache ich eine Ausnahme: keine Musik, kein Handy, nur Bewegung. Und mein Kopf, der zur Abwechslung mal richtig frei ist.
Inzwischen merke ich immer deutlicher, wie viel Zeit ich eigentlich habe – für Dinge, die mir guttun. Für Dinge, die mir wichtig sind. Normalerweise würde ich jetzt wahrscheinlich noch auf Social Media herumscrollen und mich wundern, wo der Tag geblieben ist. Kein Wunder, dass einem die Zeit davonläuft, wenn man sie ständig im digitalen Niemandsland verliert.
Abends: Belohnung für mich selber
Nach dem Training gehe ich nach Hause, dusche und bereite mir in Ruhe das Abendessen zu. Ich bin motiviert, nicht weil der Tag spektakulär war, sondern weil ich wirklich etwas geschafft habe. Ich bin bei meiner Bachelorarbeit vorangekommen und habe mich sportlich betätigt.
Nach dem Essen gönne ich mir etwas «Me-Time», trage eine Maske auf und schaue einen guten Film. Dieses Gefühl, richtig zufrieden zu sein und so gut und schnell vorangekommen zu sein, hatte ich lange nicht mehr. Normalerweise habe ich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich nichts für die Uni mache.
Und vielleicht ist genau das die grösste Erkenntnis dieses Tages: Weniger Reize bedeuten nicht weniger Leben. Im Gegenteil...
Meine wichtigsten Erkenntnisse aus «24 Stunden ohne Handy»
Ein ganzer Tag ohne Handy klingt im ersten Moment vielleicht schlimm – ist es aber nicht. Für mich war es eine kleine Herausforderung, ein Selbstversuch mit offenem Ausgang. Und jetzt, am Ende dieses Tages, bleiben ein paar Gedanken hängen, die ich so nicht erwartet hätte:
- Die Welt dreht sich weiter – auch ohne mich
Ich habe nichts verpasst. Keine Katastrophe, keine Nachricht, die nicht auch ein paar Stunden hätte warten können. Und das war befreiend. - Stille ist ungewohnt – aber heilsam
Ohne Dauerbeschallung durch Podcasts, Reels und Messenger-Geklingel entsteht plötzlich Raum für Gedanken, für Langeweile – und damit auch für Kreativität und echte Erholung. - Fokus ist ein Muskel
Ich war erstaunt, wie konzentriert ich arbeiten konnte, als die ständigen Unterbrechungen wegfielen. Keine Reizüberflutung – stattdessen tieferes Denken, besseres Schreiben, klarere Gedanken. - Zeitgefühl verändert sich
Ohne Ablenkung zog der Tag nicht einfach vorbei – er war spürbarer, bewusster. Ich hatte mehr Zeit, obwohl ich objektiv nicht mehr Stunden zur Verfügung hatte. - Ich bestimme den Takt – nicht das Handy
Das war vielleicht die wichtigste Erkenntnis: Ich kann selbst entscheiden, wann ich erreichbar bin, wann ich konsumiere, wann ich abschalte. Ich habe mehr Kontrolle, als ich dachte.
Schritt für Schritt offline
Ein ganzer Tag offline klingt für dich wie Entzug? Kein Problem – du musst dein Handy nicht gleich wegschliessen. Schon kleine Veränderungen im Alltag können überraschend viel bewirken. Hier sind ein paar einfache Schritte für deinen Einstieg ins Digital Detox, ganz ohne Druck:
- 30 Minuten offline (jeden Tag): Zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen oder abends vor dem Schlafengehen. Handy weg, Kopf frei.
- Push-Nachrichten ausschalten: Du musst nicht auf jedes Piepen reagieren. Wer wirklich etwas will, ruft an.
- Lege Check-Zeiten fest: Anstatt ständig aufs Handy zu schauen, legst du feste Slots für Social Media & Co. fest – dazwischen bleibt es still.
- Homescreen entrümpeln: Weniger Icons = weniger Reize. Social-Apps in einen Extra-Ordner verbannen – oder gleich löschen.
- Handyfreie Zonen einrichten: Tisch, Bett und Bad sind Orte ohne Bildschirm, die echte Ruhe zurückbringen.
- Offline-Zeit bewusst nutzen: Echte Pausen mit Aktivitäten wie Kochen, Spazieren oder Lesen füllen.
Fazit: Weniger Bildschirm, mehr Leben
Ein Tag ohne Handy hat mir gezeigt, wie klar der Kopf sein kann, wenn man nicht ständig unterbrochen wird. Ich war fokussierter und entspannter und habe mehr geschafft als sonst.
In Zukunft möchte ich meine Bildschirmzeit bewusster gestalten und öfter offline sein. Nicht, weil ich muss, sondern weil es mir guttut. Und mal ehrlich: Es ist nicht schlimm, wenn eine Nachricht etwas später kommt, die Welt dreht sich trotzdem weiter.
Vielleicht geht es dir ähnlich. Dann nimm diesen Text als kleinen Anstoss: Du musst nicht gleich 24 Stunden abschalten, aber ein Anfang lohnt sich.
Teilt gerne eure Erfahrungen in den Kommentaren – was hilft euch beim Abschalten?
(Quelle Titelbild: Adobe Stock | 483925470)
Redaktorin / Content Marketing Manager
Mit einer Leidenschaft für Kreativität, Reisen, Fotografie und das ständige Erweitern meines Wissens, gehe ich voller Neugier durchs Leben. Wo ich meine Kreativität ausleben kann, fühle ich mich am wohlsten. Wenn ich nicht gerade die Welt erkunde, besondere Momente festhalte oder Neues lerne, liebe ich es, die Natur zu geniessen, mich in gemütlichen Cafés zu entspannen oder meine künstlerische Ader bei meinem nächsten Acrylgemälde auszuleben.
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