Neues von der Apple WWDC Juni 2021
Apple hat in der Keynote-Onlinepräsentation zur Entwicklerkonferenz WWDC jede Menge kleinerer und grösserer neuer Software-Features für sein Produktportfolio gezeigt, die – grob zusammengefasst – auf mehr Lebensqualität abzielen. Neue Hardware indes gab's keine zu sehen.
Fetzige Musik und fröhliche Einspieler, Gags und Spezialeffekte auf der Bühne: Auch die diesmal komplett online abgehaltene Keynote zu Apples Entwicklerkonferenz WWDC 2021 ist wieder ein inszenatorisches Highlight.
Und auch, was angekündigt worden ist, kann sich sehen lassen: In den neuen Betriebssystemversionen steckt ein Füllhorn neuer und verbesserter Funktionen – wer allerdings auf neue Hardware gehofft hat, ist leer ausgegangen. Wir stellen in der Folge die wichtigsten Features vor, die auch für Konsument*innen spannend sind.
Für Eilige (tl:dr): der Video-Zusammenschnitt in 159 Sekunden
iOS 15
Mit Freunden in Kontakt bleiben
Die Videochat-App FaceTime ist rundum verbessert worden. Dabei hat sich Apple einiges von den während der Pandemie im Geschäftsleben wichtiger gewordenen Video-Conferencing-Tools wie Microsoft Teams oder Zoom abgeguckt. Beispielsweise lässt sich jetzt der Bildschirminhalt teilen, der Hintergrund weichzeichnen und die Teilnehmenden in einem Gitter anzeigen. Praktisch: Für FaceTime-Gespräche lassen sich jetzt Einladungslinks verschicken – So können auch Personen mit Android- und Windows-Geräten via Web teilnehmen, End-to-end-Verschlüsselung inklusive. Eine meines Erachtens sehr coole Funktion nennt sich «SharePlay». Damit könnt Ihr während FaceTime gemeinsam mit den Personen am anderen Ende der Leitung zusammen Apple Music hören, Twitch-Streams, TikToks oder Serien in der Disney+-App anschauen. Ausserdem wird jetzt Spatial Audio unterstützt, sodass Ihr das Gegenüber noch natürlicher wahrnehmt.
Wenn Ihr mit Euren Freunden und Familienmitgliedern über iMessage («Nachrichten») Newsartikel, Musik, Serien, Fotos und andere Dinge teilt, dann werden diese Inhalte in diversen Apps auf einfache Art angezeigt unter «mit Dir geteilt».
Work-Life-Balance
In iOS 15 könnt Ihr verschiedene Fokusprofile einrichten, die Rücksicht darauf nehmen, was Ihr gerade zu tun gedenkt. Für jedes Profil könnt Ihr einen eigenen Home Screen einrichten und eigene Regeln aufstellen, wodurch Ihr gestört werden möchtet. So könnt Ihr etwa am Wochenende ein Profil einstellen, bei dem im Home Screen die zur Arbeit benötigten Apps ausgeblendet sind und Ihr über E-Mails Eures Geschäftsaccounts nicht benachrichtigt werdet. Eure Kontakte können in der Nachrichten-App auf Wunsch sehen, dass Ihr nicht gestört werden möchtet. Benachrichtigungen wurden generell optisch überarbeitet, das Stummschalten wurde vereinfacht. Das Betriebssystem priorisiert wichtigere Benachrichtigungen, die Ihr in Echtzeit erhaltet. Auf Wunsch könnt Ihr weniger wichtige Benachrichtigungen in zusammengefasster Form gebündelt erhalten.
Wetter und Karten
Die Wetter-App wurde verschönert (das Wetter leider nicht), ebenso die Karten-App. In Städten gibt's mehr Details, ausserdem gibt es einen Augmented-Reality-gestützten Modus für die Navigation bei Fortbewegung zu Fuss.
Live Text
Das Betriebssystem kann jetzt Text aus Bildern erkennen. So ruft Ihr direkt Telefonnummern an, die Ihr irgendwo ab einem schwarzen Brett abfotografiert, oder übernehmt das WiFi-Passwort, das am Eingang angepinnt ist, oder verarbeitet Ideen weiter, die auf einem Whiteboard handschriftlich festgehalten worden sind.
Fotos
Die automagisch erstellten, smarten Diashows könnt Ihr neu auch mit Musikstücken aus Apple Music untermalen. Die smarte Suche nach Details in Fotos funktioniert auch über Spotlight.
Safari
Safari auf dem iPhone ist optimiert worden auf Einhandbedienung. Die Startseite lässt sich anpassen. Neu gibt es Browsererweiterungen wie auf dem Mac und Tabgruppen.
Notizen
Notizen lassen sich jetzt dank Hashtags einfacher kategorisieren. Werden sie gemeinsam genutzt, können Mitnutzer*innen über @name namentlich erwähnt werden.
Gesundheit
Die App zeigt Euch neu an, wie gehsicher eine Person ist. Dies soll das Fallrisiko etwa bei betagten Menschen reduzieren. Diese können ihre Gesundheitsdaten neu mit Euch oder Pflegepersonal teilen, wenn sie das wünschen.
Wallet
Im Wallet können neu auch Hotelschlüssel und mancherorts in den USA sogar Ausweise wie etwa der Führerschein hinterlegt werden. Praktisch!
Übersetzungen
Übersetzungen können jetzt live und systemweit gestartet werden, aus jeder Anwendung heraus.
Datenschutz
Datenschutz nimmt Apple sehr ernst. Ihr könnt das Tracking in Safari und Mail erschweren, Eure IP und Euren Ort verbergen. Der Sprachassistent Siri erledigt viele Aufgaben wie etwa Spracherkennung direkt auf dem Gerät und mit anständiger Performance, ohne «heimzutelefonieren» und ohne Sprachaufnahmen. Das zu betonen war wohl ein Seitenhieb an Mitbewerber. Ausserdem gibt es für jede installierte App einen Datenschutzreport. Dort erhaltet Ihr Einblick darüber, welche Berechtigungen die App wann nutzt, welche Hardware (z.B. Mikrofon, Kamera) wann genutzt wurden und an welche Server die App Daten schickt – krass!
iPadOS 15
Übersicht
in iPadOS 15 geniesst Ihr grösser Widgets, die vom iPhone bekannte App Library ist jetzt auch auf dem iPad verfügbar. Multitasking mit mehreren Fenstern lässt sich nun nicht mehr über Gestensteuerung, sondern auch über den Shelf und, bei angeschlossener Tastatur, über Tastenkombinationen bewerkstelligen.
Schnellnotizen
Spannend ist die Quick-Notes-Funktion, die sich über jede App legen lässt und auch erkennt, in welcher App Ihr gerade arbeitet. So könnt Ihr beispielsweise aus Safari, während Ihr auf einer Website Informationen sammelt, diese gleich mit dem Pencil in die Quick-Notes-App notieren, ohne dass Ihr Safari verlassen müsst. Mit einem Tastendruck könnt Ihr auch gleich die URL aus Safari in Quick Notes übernehmen.
... und viel von iOS 15
Ansonsten habt Ihr hier viele Features, die wir schon im Abschnitt über iOS 15 vorgestellt haben, natürlich auch mit dabei, wie hier abgebildet SharePlay via FaceTime.
Programmierer – die ja in dieser WWDC-Konferenz hauptsächlich angesprochen werden – können ausserdem mit Swift Apps komplett auf dem iPad entwickeln, wenn sie wollen.
watchOS 8
Gesundheit und Sport
Im Betriebssystem-Update für die Apple Watch gibt es die Achtsamkeits-App, die Euch etwa mit Atemübungen hilft, bewusst durchzuatmen. Apropos Atmung: watchOS 8 überwacht Eure Atmung im Schlaf jetzt noch genauer. An Workouts werden neu auch Pilates und Tai Chi unterstützt.
Unterhaltung und Messaging
Die beliebten Foto-Zifferblätter haben jetzt schöne Effekte für Fotos, die auf dem iPhone im Porträtmodus geschossen worden sind. Neu könnt Ihr auch mehrere Timer stellen. Auf Nachrichten könnt Ihr neu mit Gifs antworten. In einer Nachricht könnt Ihr Fingerskizzen, Sprachaufzeichnungen und Emoji kreuz und quer verwenden. Ausserdem könnt Ihr jetzt auf die Kontakte-App direkt auf der Uhr zugreifen. Neu bekommt Ihr auch nationale Wetterwarnungen (in den USA nicht so unüblich) direkt auf die Uhr.
Fernsteuerung
Natürlich könnt Ihr die Fokusprofile auf Eurem iPhone mit iOS 15 auch über Eure Apple Watch mit watchOS 8 einstellen. Die Uhr schlägt Euch je nach Tageszeit und Tätigkeiten entsprechend passende Profile automatisch vor. Zusätzlich könnt Ihr auf das Kamerabild HomeKit-kompatibler Kameras zugreifen.
Assistive Touch
Wichtige Funktionen, wie etwa einen Anruf entgegenzunehmen, funktionieren jetzt auch über Armgesten, bei denen der Bildschirm nicht berührt werden muss. Das ist gerade für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung an den oberen Extremitäten eine deutliche Bedienhilfe.
macOS Monterey
Routineabläufe automatisieren
Neu kommen die von iPhone und iPad bekannten Kurzbefehle, mit der Ihr komplexe Abläufe script-mässig ohne vertiefte Programmierkenntnisse und über verschiedene Anwendungen hinweg automatisieren könnt, auch auf den Mac. Damit lösen die Shortcuts die Apple-eigene Anwendung «Automator» ab, wie TechCrunch weiss. Die Kurzbefehle könnt Ihr auch via Siri auslösen.
Geräteübergreifende Steuerung
Ganz ähnlich, wie Huawei das bei HarmonyOS 2 in den Vordergrund hebt, können mittels «Universal Control» bis zu drei Geräte, zum Beispiel einen iMac, ein MacBook und ein iPad, gemeinsam steuern. Der Mauszeiger behandelt die drei Bildschirme wie einen, so dass Ihr mit dem Finger bequem zwischen den Bildschirmen wechseln könnt. Auch Tastatur- oder Stifteingaben könnt Ihr so auf allen drei Geräten tätigen.
Safari
Hier haben die Entwickler von Apple Augenmerk darauf gelegt, dass Nutzer*innen so viel wie möglich von der angezeigten Website sehen und durch möglichst wenige Elemente abgelenkt werden. Trotzdem ist der Zugriff auf wichtige Funktionen jederzeit gewährleistet. Das Panel links zeigt Tabgruppen an, die natürlich auch mit anderen Geräten synchronisiert werden.
... und mehr von iOS 15 und iPadOS 15
Auch auf dem Mac gibt es die neuen FaceTime- und SharePlay-Funktionen inklusive Weichzeichnung, Gruppen in Grids und Spatial Audio. Auch hier gibt es das «mit Dir geteilt» für Inhalte aus Messages, wurde die Karten-App verschönert und um einen interaktiven Globus ergänzt, Live Text und neue Datenschutzeigenschaften für Mail und Mikrofonzugriff. Auch die Fokusprofile sind hier vorhanden – vermutlich haben sie auf dem Mac auch den vermeintlich grössten Nutzen. Auch die Schnellnotizen lassen sich wie auf dem iPad mit iPadOS 15 aus jeder App heraus aufrufen. Ausserdem können Inhalte von Mobilgeräten via AirPlay jetzt auch auf macOS-Geräte gestreamt werden.
Und sonst?
- AirPods Pro und Max sind neu wie AirTags über «Find my/Wo ist ?» aufzufinden. Die Funktion gibt es neu auch als Widget für den Home-Screen. Sie kann laut Apple auch Geräte lokalisieren, die abgeschaltet oder zurückgesetzt worden sind. Der Aufenthaltsort von Geräten lässt sich auch live an Freunde und Verwandte streamen, falls gewünscht.
- Der HomePod Mini lässt sich als Lautsprecher für an Apple TV gestreamte Inhalte nutzen
- Dritthersteller dürfen «Hey Siri» in ihrer Smart-Home-Hardware nutzen
- Die «Apple TV»-App zeigt Vorschläge für Inhalte, die den Interessen ausgewählter Personen, z.B. in einem Haushalt, entsprechen.
- Das iPhone lässt sich neu noch einfacher aufsetzen.
- Es gibt verschiedene neue Hilfen, die die Bedienung der Geräte barrierfreier als bisher gestalten.
- iCloud+ bietet gegenüber iCloud einige Verbesserungen, z.B. anonymes Surfen, anonyme E-Mail-Adressen oder die Angabe eines Kontaktes, der nach Eurem Ableben Zugriff auf die Inhalte bekommt. Ausserdem lassen sich die Videoaufnahmen von bis zu fünf HomeKit-Kameras aufzeichnen, ohne dass das Speicherguthaben tangiert wird. Das alles kostet gleich viel wie bisher. iCloud- und Apple-One-Abonnent*innen werden kostenlos upgraded.
- und einiges mehr ...
- Worauf sich Applikationsentwickler freuen können, lest Ihr in der offiziellen Medienmitteilung von Apple.
Schlusswort: viele kleine Schritte und kein grosser
Auch wenn diesmal absolut bahnbrechende Highlights ausbleiben: Die mannigfaltigen Verbesserungen werden sich im Alltag positiv bemerkbar machen – insbesondere für diejenigen User, die sich mit mehreren Geräten und auch im Freundes- und Verwandtenkreis vorwiegend im Apple-/iCloud+-Ökosystem bewegen. Nebst einigen netten Spielereien wird bei diesem Evolutionsschritt viel Sinnvolles geboten, gerade auch was Barrierefreiheit und Datenschutz betrifft – und das erst noch ohne Zusatzkosten. Um die FaceTime-Verbesserungen indes wären wohl viele Menschen schon zum Ausbruch der Pandemie vor 15 Monaten froh gewesen.
Wann kommt's?
Die Entwickler-Beta ist seit gestern Abend verfügbar, die öffentlichen Betaversionen kommen im Juli. Die offiziellen Releases auf alle Geräte finden im Herbst statt.
Die ganze Keynote gibt's hier zum Nachgucken:
Apples Portal für Entwickler sammelt alle Informationen zur Entwicklerkonferenz. Entwickler können sich auch die «Apple Developer»-App aus dem App Store herunterladen.
Apple bei BRACK.CH
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News-Jäger und -Sammler | Seit 2006 arbeite ich bei BRACK.CH. Zuerst habe ich Produkte für den Online-Shop beschrieben, jetzt verfasse ich Medienmitteilungen, gebe Statements ab und betreue in erster Linie Journalist*innen. Privat blogge ich seit 2004. Ich stehe auf Gadgets, Games, Fernsehen und Pasta.
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