
Work-Life-Balance: Was, wenn Home auch Office ist?
Work-Life-Balance ist ein etwas schwammiger Begriff, unter dem jeder etwas anderes verstehen zu scheint. Manche beziehen ihn einfach auf das Verhältnis von Arbeitszeit und Freizeit. Andere fassen ihn weiter und schliessen auch Faktoren wie Arbeitskultur ein oder wie stark die Gedanken an die Arbeit einen in die Freizeit begleiten. Lea Blattner, Coach und Supervisorin bei Metawechsel.ch klärt in diesem Interview auf.
Patrick Lang: Was verstehst Du unter dem Begriff "Work-Life-Balance"?
Lea Blattner: Work-Life-Balance wird oft so dargestellt, als müsse das Verhältnis Arbeit zu Freizeit gleich sein. Für mich ist dies eine falsche Annahme. Wichtig ist, dass der persönliche Energieausgleich stimmt. Gewisse Dinge ziehen Energie ab, andere wiederum geben mehr Energie. Grundsätzlich geht es also darum, mein Energiekonto zu füllen.
Wie erkenne ich Anzeichen an mir selbst, dass die Balance nicht mehr stimmt?
Das ist unterschiedlich. Manche reagieren sehr schnell mit Symptomen wie Kopf- und/oder Nackenschmerzen. Wieder andere essen mehr oder sehr wenig bis gar nichts mehr. Schlechter Schlaf gehört zu den weiteren Anzeichen. Es fällt einem schwer, Gedanken auszublenden. Gibt es einen Zeitpunkt, ab welchem ich Hilfe suchen sollte?
Schläft man mal für ein, zwei Nächte nicht sonderlich gut, ist dies noch kein Grund zur Besorgnis. Häuft sich dies aber, sollte man die Ursache dafür finden. Hat man die Störfaktoren entdeckt, muss man für sich entscheiden, ob ich mir selbst helfen kann oder ob ich mir Hilfe hole. Falls man bereits eine ähnliche Situation gemeistert hat, rate ich dazu, sich daran zu erinnern, wie man damals vorgegangen ist.
Wie kann mir geholfen werden, wenn es mir schlecht geht?
Zuallererst – Es kann alle treffen! Ist man bereits in einer Überlastungssituation, gehört Verleugnen zum Krankheitsbild dazu. Als Bekannte*r soll man die Situation beobachten und Änderungen der betreffenden Person mitteilen. Am besten seine Unterstützung anbieten und ihm/ihr keinesfalls Vorwürfe machen.
Welche Einflüsse hat Home-Office auf die persönliche Work-Life-Balance?
Positive sowie Negative. Auf der Haben-Seite ist zum Beispiel der Wegfall des Arbeitsweges für viele ein Pluspunkt. Wiederum können viele im Home-Office nach der Arbeit nicht richtig abschalten, da beispielsweise das Pendeln dazu genutzt wurde, sich in den Feierabend zu entspannen. Es ist wichtig, den persönlichen Arbeitsplatz abzugrenzen und Ablenkungen zu vermeiden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Arbeit auch nach Feierabend in den Gedanken bleibt.
Hast Du Tipps, wie man dies umgehen kann?
Falls die Möglichkeit besteht: Einen separaten Raum für sein Büro einrichten, idealerweise mit Türe. Lassen die Räumlichkeiten dies nicht zu: einen Arbeitsbereich einrichten. In diesem sollen sich alle Geräte und Dinge befinden, die zum Arbeiten benötigt werden. Diese nicht in der ganzen Wohnung verteilen. Falls die Arbeitsutensilien nach der Arbeit abgedeckt werden können, dies nach Feierabend unbedingt so handhaben. Es ist wichtig, nach Arbeitsschluss die Gedanken davon zu lösen. Hilfreich ist auch, die Wohnung mal richtig durchzulüften oder ein Spaziergang in der Natur. Warten Kinder sehnsüchtig auf ihre Eltern, ruhig zehn Minuten im Büro verbleiben und einen Moment sich selber gönnen, bevor man gleich von seinen Liebsten beansprucht wird.
In Zukunft wird der Arbeitsalltag teilweise im Büro und teilweise im Home-Office stattfinden. Wie bringe ich beides unter einen Hut?
Indem man eine Routine aufbaut. Zur selben Zeit aufstehen, egal ob man im Home-Office ist oder einen Tag im Geschäft verbringt. Sich auch zu Hause so kleiden, wie man es auch fürs Büro geplant hat. Nach getaner Arbeit Smartphones und weitere Geräte, die Benachrichtigungen vom Geschäft enthalten können, abstellen oder deaktivieren.
Angenommen, meine Work-Life-Balance gerät ausser Takt. Wie teile ich dies meinem Vorgesetzten?
Steht demnächst sowieso ein Gespräch an, kann man dies einbringen, ansonsten einen fixen Termin vereinbaren. Dem Vorgesetzten verdeutlichen, unter welchem Leidensdruck man steht, wie sich das anfühlt. Wie soll ein Arbeitgeber mit dieser Situation Deiner Meinung nach umgehen?
Sie/Er sollte das Anliegen auf jeden Fall ernst nehmen. Wichtig für die betroffene Person ist auch, dass Vorgesetzte gut zuhören und Verständnis zeigen, um die Situation zu beruhigen. Gerne darf man Tipps geben, falls man selbst darunter litt, dies ruhig kommunizieren. Floskeln sollten allerdings nicht benutzt werden (wird schon gut, nicht so schlimm, etc.) Ein Coaching ist ein weiterer Weg, solch eine Begebenheit zu meistern.
Wenn mein Arbeitgeber von meiner Schilderung nicht überzeugt ist und mir beispielsweise sagt, mit dieser Situation musst du klarkommen – wie gehe ich damit um?
Beharre auf deinem Standpunkt und lass dich nicht irritieren. Bringe Lösungsvorschläge und teile ihm notfalls deine Konsequenzen mit, im schlimmsten Fall kündigen. Überzeugt dies weiterhin nicht, hol Dir Unterstützung bei Arbeitskollegen oder dem HR-Team.
Ihr bietet eine Vielzahl von Trainings an. Für wen eignet sich welcher Kurs und was erwartest Du von den Teilnehmern?
Grundsätzlich eignen sich unsere Kurse für jede Person. Momentan haben wir viele Trainings im Bereich Resilienz (innere Widerstandsfähigkeit), Stressmanagement, Achtsamkeit oder für Führungspersonen. Die Trainings sind optimal aufeinander abgestimmt. Durch alle Kurse zieht sich ein roter Faden. Von den Teilnehmern erwarte ich Offenheit, aktive Mitarbeit und Aneignung neuer Verhaltensmuster. Wir versuchen den Teilnehmenden neue Blickwinkel zu geben und die Coachings haben viel Bezug zur Praxis.
Kannst Du uns kurz erläutern, wie Deine Workshops oder Seminare ablaufen?
Unsere Trainings dauern 1-2 Tage. Das Achtsamkeits-Training dauert sechs Wochen und man trifft sich einmal wöchentlich abends. Dies ist eine längere Begleitung. Bei den maximal zweitägigen Trainings bieten wir eine Online-Begleitung an. Unser Ziel ist eine nachhaltige Wirkung bei den Teilnehmern, damit nach dem eigentlichen Kurs nicht wieder alles vergessen wird. Zudem bieten wir auch Einzelcoachings an. Dies kann auch direkt in einer Firma stattfinden, wie beispielsweise bei der BRACK.CH AG.
Weitere Informationen zum Angebot von «Metawechsel» finden Sie auf der Seite www.metawechsel.ch